Kartellrecht für Krankenkassen

Länder rufen Vermittlungsausschuss an

Berlin - 23.11.2012, 13:59 Uhr


Die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist vorerst gestoppt. Die Länderkammer rief am Freitag den Vermittlungsausschuss an, um dort noch Änderungen an verschiedenen Punkten durchzusetzen. Unter anderem fürchten die Länder, dass die vorgesehene Ausweitung des Kartellrechts auf Krankenkassen die Versorgungsqualität der Patienten beeinträchtigt. Auch die Arzneimittelrabattverträge sehen sie in Gefahr.

Die 8. GWB-Novelle (Achtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) soll die wettbewerblichen Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Fusionskontrolle, der Missbrauchsaufsicht und das Verfahren bei Kartellverstößen modernisieren und optimieren. Es bezieht unter anderem gesetzliche Krankenkassen in das Wettbewerbsrecht ein.

Die beratenden Ausschüsse haben dem Bundesrat schon im Vorfeld der Sitzung empfohlen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. So wollen der federführende Wirtschaftsausschuss sowie der Gesundheitsausschuss klarstellen, dass Krankenkassen keine Unternehmen im Sinne des Kartellrechts sind. Ihr Verhalten sei weiterhin nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben und allein durch die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden zu beurteilen. Denn, so die Begründung der Ausschüsse, eine uneingeschränkte Übernahme der Vorgaben zu Kartellverbot und Missbrauchsaufsicht rücke die dem Sozialstaatsprinzip verpflichteten gesetzlichen Krankenkassen in die unmittelbare Nähe gewinnorientierter Wirtschaftsunternehmen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) fielen die Kassen jedoch nicht unter den europäischen Unternehmensbegriff und unterlägen daher auch nicht dem EU-Wettbewerbsrecht. Die GWB-Novelle, so wie sie jetzt geplant ist, erhöhe in erheblichem Maße die Wahrscheinlichkeit, dass der EuGH künftig die Unternehmenseigenschaft der deutschen gesetzlichen Krankenkassen bejahen werde. Das hätte erhebliche Folgewirkungen, die nicht im Patienteninteresse stünden, so die Ausschüsse. 

Ferner fürchten die Länder um die Arzneimittelrabattverträge. Sie könnten angesichts der Tatsache, dass sie häufig von Kooperationen verschiedener Kassen abgeschlossen werden, durch die geplanten kartellrechtlichen Änderungen infrage gestellt werden.

Auch die Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) hatte heute früh nochmals eindringlich an die Länder appelliert, dem geplanten Gesetz nicht zuzustimmen und den Vermittlungsausschuss anzurufen. Christian Zahn, Verbandsvorsitzender des vdek, betonte: „Das Gesetz birgt erhebliche Gefahren für die Patientenversorgung und schränkt die Rechte und Möglichkeiten der gesetzlichen Krankenkassen deutlich ein.“ Besser sei es, für die gesetzlichen Krankenkassen eigene sozialrechtsspezifische Wettbewerbsregeln zu entwickeln.


Kirsten Sucker-Sket