Hessen

Apotheken haben kaum noch Impfstoff

Offenbach/Berlin - 25.10.2012, 14:36 Uhr


Nun schlägt auch Hessen Alarm: Den Apotheken sei es „praktisch unmöglich“ Grippeimpfstoff zu besorgen, meldet der Hessische Apothekerverband (HAV). Derweil prüft das Paul-Ehrlich-Institut, wie es auf den Verkaufsstopp des Novartis-Grippeimpfstoffs Fluad in Italien und der Schweiz reagieren soll.

Das gegenwärtige Chaos ist für den HAV offenbar nicht wirklich überraschend: „Hier ist nun das eingetroffen, wovor wir schon seit Einführung der Rabattverträge immer gewarnt haben, es sind nämlich im Produktionsprozess Störungen aufgetreten, die dazu geführt haben, dass nicht genügend Impfstoff vorhanden ist“, so der stellvertretende Vorsitzende Dr. Hans Rudolf Diefenbach. Gerade bei Grippeimpfstoffen seien Ausschreibungen problematisch, weil das Serum einem sehr sensiblen Herstellungsprozess unterliege und die jeweiligen Chargen jeweils saisonal vom Paul Ehrlich-Institut freigegeben werden müssen, so der HAV.

Die anderen Hersteller von Impfstoffen, die nicht zu den Ausschreibungsgewinnern großer Krankenkassen gehören, senken dementsprechend ihre Produktion ab. Die Novartis-Konkurrenz hat mittlerweile auch keine Bestände mehr zu bieten. Aus Herstellerkreisen ist zu hören, es sei bereits alles an Apotheken bzw. den Großhandel ausgeliefert. Dabei kann man sich fragen, ob die Pharmagroßhändler stets nur die Apotheken in ihrem eigenen Bundesland bedienen. Möglicherweise gehen die Dosen auch ganz woanders hin? Neue Chargen freigeben zu lassen ist für die Unternehmen riskant - kommt Novartis doch noch mit Begripal ohne Kanüle auf den Markt, blieben sie vermutlich auf ihrer Ware sitzen.

Probleme gibt es zudem bei den rabattierten Ersatzimpfstoffen von Novartis: Optaflu hatte ein schlechte Presse und wird vielfach von den Patienten abgelehnt. Für Fluad wurde in Italien und der Schweiz gestern ein Auslieferungsstopp angeordnet, weil es möglicherweise verunreinigt ist. Auch das deutsche Paul-Ehrlich-Institut hat gestern Abend noch begonnen, der Sache nachzugehen. Im Laufe des Tages will es darüber informieren, wie man hierzulande mit dem Impfstoff umgehen wird.

Diefenbachs Appell angesichts dieser Situation ist deutlich: „Wir fordern die Krankenkassen auf, bei Impfstoffen und anderen lebenswichtigen Arzneimitteln die bisher praktizierte Ausschreibungspraxis endlich zu stoppen“. In einem hoch entwickelten Gesundheitssystem wie dem deutschen, sei es unverantwortlich, so mit der Gesundheit der Bevölkerung umzugehen. Die Folgekosten durch das Nicht-Impfen könnten eklatant steigen und die vermeintliche Einsparung der Ausschreibung deutlich übertreffen.

Der HAV teilte ferner mit, dass man in Hessen mit den federführenden Krankenkassen für die Impfsaison 2013/2014 ein Modell plane, dass eine Ausschreibung überflüssig mache und eine flächendeckende Versorgung garantiere.


Kirsten Sucker-Sket


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