Grippeimpfung im Norden

Ärzte und Apotheker fordern Freigabe

Hamburg - 04.10.2012, 15:13 Uhr


Im Streit um die Lieferprobleme beim Grippeimpfstoff für Hamburg und Schleswig-Holstein verschärft sich der Ton. Der Hamburger Apothekerverein und die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg haben heute in einer deutlichen gemeinsamen Presseerklärung ausdrücklich die Freigabe der Belieferung mit Grippeimpfstoff gefordert. Die gemeinsame Erklärung trägt den Titel: „Kein Ende des Impfchaos in Sicht!“

 „Offensichtlich genügte den Kassenvertretern die tröpfchenweise erfolgte Anlieferung von minimalen Bruchteilen an einige bevorzugte Apotheken als Feigenblatt für ihr vertragliches Missmanagement“, erklärte Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins. Bereits am Montag hätten die Kassen gegenüber der Presse mitgeteilt, die flächendeckende Grippeimpfung könne beginnen. Doch bisher seien nur geringe Mengen an die Apotheken geliefert worden. Einen Überblick über die genaue Verfügbarkeit hätten die Beteiligten zwar nicht, aber flächendeckende Impfungen seien noch nicht möglich. „Das Ganze hat den Charakter von Losgewinnen und ist ein unwürdiges Spiel für Versicherte, Apotheker und Ärzte,“ so Graue.

Daher würden Apotheker und Ärzte weiterhin fordern, dass die Krankenkassen die Impfstoffversorgung freigeben. Die zynische Einstellung der Krankenkassen-Funktionäre belege, dass ihnen die Verantwortung für die medizinische Versorgung nicht übertragen werden dürfe, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Apotheker- und Ärzteorganisationen. Graue erklärte dazu außerdem: „Wir wünschen uns, dass die Kassen aus diesem unrühmlichen Prozedere den einzig vernünftigen Schluss ziehen, in Zukunft wenigstens bei Impfstoffen auf Ausschreibungen zu verzichten.“

Außerdem veröffentlichte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, heute einen offenen Brief an die AOK Rheinland/Hamburg. Darin erklärt Hofmeister, der Beginn der Impfungen sei verbindlich für die 39. Kalenderwoche vereinbart gewesen. Es seien jedoch erst am Samstag der betreffenden Woche einige wenige Impfdosen ausgeliefert worden. Bis heute müssten Ärzte Patienten wegschicken, die auf die Informationen der Kassen vertraut hätten. Die Patienten seien zu Recht sehr aufgebracht. Für die Ärzte sei nur relevant, ob sie ausreichend Impfstoff haben. Alles andere seien „mehr oder minder durchsichtige juristische Hinhaltemanöver, die nichts mit Versorgung zu tun haben“, so Hofmeister. Die Kassen würden sich nicht mit der Situation in Hamburg auseinandersetzen wollen, wo seit Jahren 75 Prozent der Grippeimpfungen im September stattfänden. Der Umgang mit der Problematik seitens der Kassen sei geprägt von Taktieren und Hinhalten. „Es hat nichts mit Versorgung zu tun, ist nicht pragmatisch und nicht hilfreich, intransparent und kompliziert“, so Hofmeister. Daher würden die Ärzte nun, wie schon vor drei Wochen, fordern, die Grippeimpfstoffe für diese Saison freizugeben.


Thomas Müller-Bohn