Übergewicht

Vorurteile gegen Dicke

Tübingen - 17.09.2012, 10:56 Uhr


Stark übergewichtige Personen haben bei Personalern keine guten Karten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Tübinger Studie.

Dazu hatten die Wissenschaftler bei einem Experiment im Rahmen des WissenschaftsCampus Tübingen nach einer Mitteilung der Universität 127 erfahrene Personalentscheider befragt. Ihnen wurden sechs Fotos vorgelegt, auf denen jeweils eine Person abgebildet war. Alle Abgebildeten waren ungefähr gleich alt und hatten einen vergleichbaren sozioökonomischen Status, aber unterschiedliches Körpergewicht. Um Verzerrungen zu vermeiden, trugen alle Personen auf dem Foto ein weißes T-Shirt und eine Jeans.

Die Studienteilnehmer hatten die Aufgabe, einzuschätzen, welchen Beruf die sechs Personen ausüben. Darüber hinaus sollten sie diejenigen Personen benennen, die ihrer Meinung nach in einem Bewerbungsgespräch um eine Abteilungsleiterstelle in die engere Wahl genommen würden. Die Ergebnisse der Studie waren eindeutig: In beiden Fällen schnitten die Übergewichtigen sehr schlecht ab. Ihnen wurde fast nie ein Beruf mit hohem Prestige zugetraut, und sie wurden ebenso selten für eine Abteilungsleiterstelle ausgewählt.

Die Vorurteile treffen Frauen besonders stark: Nur zwei Prozent der befragten Personaler ordneten den auf den Bildern abgebildeten adipösen Frauen einen Beruf mit hohem Prestige zu. Ungefähr sechs Prozent der Befragten trauten ihnen zu, bei einer Bewerbung um eine Abteilungsleiterstelle in die engere Auswahl gekommen zu sein.

Ein Vergleich mit repräsentativen Daten zur Verteilung von Berufen in Deutschland aus dem German Health Survey zeigt, dass die Personaler die beruflichen Karrierechancen von adipösen Menschen erheblich unterschätzen: Der tatsächliche Anteil übergewichtiger Männer in prestigereichen Berufen in Deutschland ist mehr als fünfmal so hoch wie die Schätzungshäufigkeit in dem Experiment, bei Frauen sogar fast achtmal. Dagegen wurde der Anteil von normalgewichtigen Frauen in Führungspositionen von den befragten Personalentscheidern deutlich überschätzt.


Dr. Bettina Hellwig