Ärzteproteste begonnen

Montgomery: Ärzte haben langen Atem

Berlin - 04.09.2012, 14:31 Uhr


In ihrem Kampf um höheres Honorar haben erste Fachärzte die angekündigten Proteste gestartet und Patienten ins Krankenhaus weitergeschickt. Flächendeckende Maßnahmen folgten noch im September, bekräftigte eine Allianz von 24 freien Ärzteverbänden in einer Mitteilung.

Derzeit ließen die Verbände eine Urabstimmung über Praxisschließungen anlaufen, wie ein Sprecher der Allianz der Nachrichtenagentur dpa sagte. In einzelnen Verbänden sei die Befragung bereits abgeschlossen - Ergebnis: eine große Zustimmung zu Protesten. Je nach Gesamtergebnis sollten die Praxen möglicherweise erstmals deutschlandweit für eine begrenzte Zeit dichtgemacht werden. Wenn nicht alle mitmachen, würden die Proteste auf einzelne Arztgruppen beschränkt.

Es gebe bereits erste Ausstände. So schließe ein baden-württembergischer Lungenfacharzt sein Schlaflabor und schicke die Patienten ins Krankenhaus. „Wir müssen reagieren, auch wenn es uns schwerfällt“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Pneumologen, Andreas Hellmann.

Die Bundesärztekammer kündigte im Honorarstreit mit den Krankenkassen eine harte Linie an. „Wenn die Kassen nicht einlenken, werden sie einen heißen Herbst erleben“, sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery. Die Kassen müssten drauflegen. Die Ärzte hätten langen Atem.

Auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, zeigte sich entschlossen. „Wir fühlen uns zunehmend von unserem Vertragspartner diffamiert und angegriffen“, sagte er im ZDF. Die KBV forderte 11 Prozent mehr Geld für 2013, hatte aber im Schlichtergremium nur eine Erhöhung von 0,9 Prozent bekommen. Dagegen legten die Ärzte Klage ein. Weitere Verhandlungen blockierte die KBV zunächst.

Ein Termin für das angekündigte informelle Gespräch zwischen KBV- und Kassenverbandsspitze zur Klärung der Lage gab es nach Angaben eines KBV-Sprechers noch nicht. Es werde aber vor der nächsten Sitzung des Schlichtergremiums am 15. September stattfinden.

Die Patienten müssen sich auf lange Wartezeiten für Termine, auf volle Wartezimmer und auf Klinik- anstelle von Praxisbehandlungen einstellen. „Die Ärzte machen dann Dienst nach Vorschrift“, erläuterte KBV-Sprecher Roland Stahl.

Keinen deutschlandweit gültigen Beschluss über eine Beteiligung an Protesten gibt es bei den Hausärzten. Hintergrund ist, dass der Deutsche Hausärzteverband auf eine Differenzierung setzt. Vor allem die Ärzte, die sich in der Sprechstunde im Sinne sprechender Medizin intensiv um die Patienten kümmerten, müssten gestärkt werden, sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt der Nachrichtenagentur dpa. „Dafür brauchen wir die notwendigen Mittel, sie müssen zielgerichtet eingesetzt werden.“ Der Verband will Praxisschließungen zunächst nicht propagieren, aber protestierenden Ärzten auch nicht in den Rücken fallen.

Die Krankenkassen mahnten zur Mäßigung. Die Ärzte sollten verhandeln und den Konflikt nicht auf dem Rücken der Patienten austragen, sagte Verbandssprecher Florian Lanz.


dpa