Frühe Nutzenbewertung

BPI fordert kalkulierbare Spielregeln

Berlin - 04.09.2012, 11:25 Uhr


Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zieht bei der frühen Nutzenbewertung eine weniger euphorische Zwischenbilanz als der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Dass die Pharmaindustrie Innovationen auf den Markt bringt, hat man dort nie bezweifelt. Doch der BPI sieht noch immer Webfehler im Verfahren und hofft nun, dass sich diese angesichts des fortlaufenden Dialogs mit dem G-BA beheben lassen.

Als „transparent, rechtssicher und im Ablauf für alle Beteiligten berechenbar“ hatte der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken gestern das Verfahren der frühen Nutzenbewertung bewertet. Der BPI betont jedoch, dass sich der G-BA erst seit Kurzem dazu durchgerungen habe, die Wahl der Vergleichstherapie schriftlich zu begründen. Anlass gab dazu das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das in vielen Verfahren die Vergleichstherapie „nach eigenen Kriterien interpretiert“ habe. Ob das jetzige Vorgehen tatsächlich „rechtssicher“ ist, lasse sich noch nicht sagen. Geklagt werden kann im Zweifel erst nach Abschluss des gesamten Verhandlungsverfahrens.

Dem BPI widerstrebt zudem, dass Hecken erklärt, der G-BA leiste mit seiner frühen Nutzenbewertung „einen unverzichtbaren Beitrag, die knappen Beitragsgelder der Solidargemeinschaft sinnvoll einzusetzen“. Für BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp ist die frühe Nutzenbewertung „zuerst dazu da, die Versorgung zu verbessern und im Krankheitsfall die besten und wirksamsten Arzneimittel zur Verfügung zu stellen“. Von den späteren Verhandlungen des GKV-Spitzenverbandes mit dem Hersteller über einen Erstattungspreis sollte die vorausgehende Bewertung getrennt sein. Doch der BPI bemängelt schon lange den aus seiner Sicht zu großen Einfluss des GKV-Spitzenverbandes auf den G-BA.

Das Beispiel Trobalt führe die positive Zwischenbilanz des G-BA letztlich ad absurdum, so der BPI: Denn warum sollte es notwendig sein, dass große Krankenkassen für ihre Patienten das Arzneimittel sogar aus dem Ausland importieren wollen, wenn es angeblich keinen Zusatznutzen hat? Auch wenn der G-BA jetzt positiv herausstelle, dass Unternehmen nun bis Ende dieses Jahres kurzfristig erneut ein Dossier einreichen können, wenn zuvor ihre Nachweise für unvollständig gehalten wurden, sei dies „eher ein Eingeständnis, dass das Verfahren fehlerhaft ist, als eine positive Meldung“.

Dennoch zeigten die Zahlen des G-BA letztlich, dass die pharmazeutische Industrie innovative Arzneimittel auf den Markt bringe. Selbst der G-BA hat schließlich festgestellt, dass die überwiegende Zahl der Medikamente einen Zusatznutzen hat. Hinzu komme, dass alleine in sechs Fällen nur Verfahrensfragen, die sich aus der falschen Vergleichstherapie ergaben, den Medikamenten einen Zusatznutzen absprechen. Damit, so der BPI, werde die seit Jahren von Krankenkassenvorständen in die Welt gesetzte Behauptung widerlegt, neue Arzneimittel seien nur Scheininnovationen.

Der BPI setzt nun auf den weiteren Erfahrungsaustausch mit dem G-BA. Das Ergebnis dieses Dialogs müsse „eine Balance zwischen den Bedürfnissen der Patienten, der Finanzierbarkeit der GKV und den wirtschaftlichen  Interessen der pharmazeutischen Industrie sein“. Mit Qualitätswettbewerb habe man kein Problem – doch nötig seien „faire und kalkulierbare Spielregeln“.


Kirsten Sucker-Sket