Lungenkrebs

Erste Tests für Therapie mit Schwerionen

Darmstadt - 28.07.2012, 07:13 Uhr


Bisher war eine Krebstherapie mit Schwerionen hauptsächlich bei Gehirntumoren möglich – denn der Kopf kann völlig ruhig gestellt werden. Nur so kann der millimetergenaue Ionenstrahl die Krebszellen sicher treffen. Die sehr häufigen Tumore im Brust und Bauchbereich bewegen sich durch Atmung oder Verdauung, was die Behandlung schwierig macht.

Jetzt ist es Forschern am Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt erstmals gelungen, einen nachgebauten Tumor in einem atmenden Brustkorbmodell so zu bestrahlen, wie es auch am echten Patienten möglich wäre.

Dazu haben die Wissenschaftler zunächst einen Brustkorb auf Basis eines Lehrskeletts nachgebaut. Das Modell besteht aus Haut, Rippen, einer Wirbelsäule und dem zu bestrahlenden Tumor. Ein Elektromotor hebt und senkt den Brustkorb wie bei der Atmung. Gleichzeitig bewegt ein Roboterarm den Tumor auf realistische Weise in der Lunge mit.

Um den Tumor zu bestrahlen, haben die Forscher zunächst eine zeitaufgelöste CT-Aufnahme des Brustkorbs gemacht. So wissen sie genau, wie sich der Tumor während eines Atemzugs bewegt, und können die Bestrahlung planen. Während das Modell bestrahlt wird, nehmen Kameras die Bewegung des Brustkorbs von außen in Echtzeit auf. Diese Information speisen sie in eine Software ein. Die Software simuliert ein neuronales Netzwerk, also ein Gehirn. Sie lernt, wie ein bestimmter Mensch atmet. Aus diesen Daten kann die Software auf die Bewegung des Tumors in der Lunge schließen und innerhalb von Millisekunden den Schwerionenstrahl anpassen.

In dem künstlichen Tumor befinden sich 20 Ionisationskammern und fünf radiografische Filme, die aufzeichnen, ob der Strahl tatsächlich dort ankommt, wo er schädliche Tumorzellen zerstören soll. Das ist entscheidend, denn trifft der Schwerionenstrahl nicht genau den Tumor, kann das umliegende Gewebe geschädigt werden. Außerdem ist die Dosis im Tumor dann zu gering, um alle Krebszellen abzutöten. Noch werden die Ergebnisse ausgewertet, aber die Wissenschaftler sind zuversichtlich, dass die Bestrahlung erfolgreich war.

Literatur: Steidl, P., et al.: Physics in Medicine and Biology 2012;57(8):2235-50.


Dr. Bettina Hellwig