Ermittlungen um verletztes Frühchen

Oberarzt unter Rezeptfälschungsverdacht

Berlin - 21.06.2012, 12:24 Uhr


Anfang Februar führten an einer Wuppertaler Klinik tausendfach zu hoch dosierte Augentropfen bei einem Frühchen zu teils irreparablen Verätzungen der Augennetzhäute. Der zuständige Oberarzt der St. Anna Klinik soll daraufhin versucht haben, seine Verantwortung durch Rezeptfälschung zu vertuschen.

Die das Rezept ausstellende Augenärztin hatte die richtige Angabe in „mg“ notiert. Das Rezept faxte sie an den zuständigen Oberarzt, der es für die Weiterleitung an die Zentralapotheke der Klinik in Köln abgetippt und in seiner Mail den Buchstaben „m“ vergessen haben soll. In der Apotheke wurden die Augentropfen daraufhin ohne Nachfrage gemischt. Die Ärztin, die dem Frühchen in der Klinik daraufhin die Augentropfen verabreichte, sah wohl nicht auf das Etikett, bevor sie die Tropfen verabreichte – auch dort fand sich die Angabe Gramm.

Die Ermittler gehen nun davon aus, dass der Oberarzt, der bei Helios angestellt und seit geraumer Zeit für den Klinikverbund tätig ist, das Rezept nachträglich veränderte, um die Verantwortung auf die das Rezept ausstellende Augenärztin zu lenken. Für die Staatsanwaltschaft ein Fall von Urkundenfälschung: Wer nachträglich etwas entferne, das auch noch kopiere und die Kopie dann als angebliches Original zu den Akten lege, der handle wohl überlegt, sagte der Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft Wolf-Tilman Baumert gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk.

Gegenüber DAZ.online bestätigte Baumert, dass die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen sind. Jetzt dürften die Verteidiger zunächst Einsicht in die Akten nehmen und erhielten eine Frist zur Stellungnahme. Dann werde Anklage gegen die involvierten Ärzte und Apotheker erhoben. Weil die Geschäftsführung des Klinikverbundes bislang keinen Zugriff auf die Ermittlungsergebnisse hatte, ist der Oberarzt vorerst weiter im Dienst. Die jetzt anstehende Akteneinsicht könnte für ihn auch dienstrechtliche Konsequenzen haben.

Lesen Sie


Juliane Ziegler


Das könnte Sie auch interessieren

Ermittlungsverfahren gegen Gynäkologen

Verteidiger: keine Einstellung gegen Geldleistung

Haftbefehl wegen mutmaßlichen Totschlags

Falsche Ärztin soll falsche Arzneimittel verabreicht haben

DKG-Chef Gaß: Probleme bei Beschaffung von Antibiotika

Mangel auch in Kliniken

Darf das Formular genutzt werden?

T-Rezepte vom Vertretungsarzt