Arzneimittel-Festbeträge

Des einen Freud, des andren Leid

Berlin - 19.06.2012, 11:28 Uhr


Das Absenken von Arzneimittel-Festbeträgen kann besonders für Heimbewohner, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, gravierende Folgen haben. Sie kommen oftmals in finanzielle Notlagen, wenn Pharmaunternehmen den Preis der betroffenen Arzneimittel nicht anpassen. Dann müssen sie die Differenz zwischen Festbetrag und Arzneimittelpreis aus der eigenen Tasche bezahlen – für viele Heimbewohner nahezu unmöglich. Pharmaunternehmen hüllen sich zu diesem Problem in Schweigen.

Mindestens einmal im Jahr müssen die Festbeträge von Arzneimitteln überprüft und in geeigneten Zeitabständen der veränderten Marktlage angepasst werden. Der positive Effekt: Werden Festbetragsgruppen nach ihrer Überprüfung herabgesetzt, führt dies zu Einsparungen im Gesundheitssystem – in Millionenhöhe. Der negative Effekt: Passen Pharmahersteller ihre Preise nicht entsprechend an, müssen für die entstehende Differenz die Patienten aufkommen.

Sozialhilfeempfänger müssen nur bis zur gesetzlich vorgeschriebenen Belastungsgrenze Zuzahlungen leisten. Aber weil der Differenzbetrag zwischen Festbetrag und Arzneimittelpreis keine Zuzahlung, sondern eine Aufzahlung ist, kommen weder Krankenkassen noch Sozialämter für diese Beträge auf. Mit der Folge, dass Arzneimittel nicht mehr regelmäßig eingenommen werden oder teilweise ganz absetzt werden.

Beispiel: Das Neuroleptikum Zuclopenthixol. „Bis zu 20 Euro pro Monat müssen manche psychisch kranke Heimbewohner für Ciatyl-Z 25mg aus eigener Tasche bezahlen“, berichtet ein Apotheker aus Braunschweig, dessen Apotheke ein Heim mit vielen psychisch kranken Patienten beliefert, die von der Sozialhilfe leben. Dabei reiche das bisschen Taschengeld, das ihnen zur Verfügung stehe, kaum für das Nötigste. Heimbewohner müssen mit einem monatlichen Barbetrag zur persönlichen Verfügung – genannt Taschengeld – von rund 100 Euro auskommen.

Offenbar ein Problem, das vom Gesetzgeber bisher übersehen wurde. „Alle Anrufe bei der Krankenkasse, Arge, Sozialamt und Bayer waren vergebens“, berichtet der Apotheker weiter. Die Firma Bayer habe mehrfach einen Rückruf versprochen. Auch auf Nachfrage von DAZ.online, wie das Unternehmen zu diesem Problem stehe und weshalb der Preis von Ciatyl-Z, für das es keine generische Alternative gibt, nicht ebenfalls herabgesenkt werde, teilte Bayer mit: „Das Thema wird von uns derzeit überprüft.“ Man werde sich mit einer aktuellen Nachricht wieder melden.


Juliane Ziegler