Arzneimittelfälschungen

„Weckruf“ im Kampf gegen Malaria?

Berlin - 24.05.2012, 12:10 Uhr


Südostasien und Subsahara-Afrika sind die am stärksten von Malaria betroffenen Regionen der Erde, und gerade hier scheinen auch die meisten gefälschten und gepanschten Arzneimittel gegen die parasitäre Krankheit zu kursieren. Eine neue Übersichtsstudie weist auf große qualitative Mängel bei Antimalaria-Medikamenten in Asien und Afrika hin und bringt diese mit steigenden Resistenzraten in Verbindung.

Für die Übersichtsstudie „Poor-quality antimalarial drugs in southeast Asia and sub-Saharan Africa“ werteten Forscher des US-amerikanischen National Institute of Health (NIH) Studien zu Antimalaria-Arzneimitteln aus dem Zeitraum 1999 bis Februar 2012 aus. Sie stellten dabei fest, dass in sieben südostasiatischen Ländern 36 Prozent der getesteten Arzneimittel gefälscht waren und 35 Prozent in der chemischen Analytik auffielen. Von den Arzneimittelproben aus 21 afrikanischen Ländern der Subsahara-Region wurden 20 Prozent als gefälscht eingestuft, und 35 Prozent fielen in der Analyse der Inhaltsstoffe negativ auf. Die Autoren schränken zwar ein, dass Daten aus wichtigen Malariagebieten fehlen und es Unzulänglichkeiten bei der Auswahl der Arzneimittelproben gab. Aber die Ergebnisse zeigten deutlich, dass schwerwiegende Probleme im Bereich der Antimalaria-Arzneimittel existierten.

Dr. Joel Breman vom NIH bezeichnete die Ergebnisse als „Weckruf“, der eine Reihe von Interventionen fordere. Sowohl die Produktion von Fälschungen als auch die fehlerhafte Herstellung von Antimalaria-Arzneimitteln müssten besser definiert und letztlich eliminiert werden. Eine zu geringe Wirkstoffkonzentration und eine zu kurze Behandlungsdauer, die durch die verbreitete Selbstmedikation in den Ländern häufig sei, böten laut dem NIH beste Bedingungen für die Selektion resistenter Plasmodienstämme. Die Forscher berufen sich dabei auch auf In-vitro-Tests mit Artesunat: Es konnte gezeigt werden, dass bei Plasmodien, die unterschiedlichen Konzentrationen des Wirkstoffs ausgesetzt waren, eine Toleranzentwicklung gegenüber dem aktiven Metaboliten Dihydroartemisinin einsetzte.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einem möglichen Wirkverlust bei Artemisinin. Bereits am 9. Mai berichtete sie von einer Artemisinin-resistenten Malaria, die sich in der Grenzregion von Thailand und Myanmar auszubreiten scheint. Sollte der derzeit wirksamste Antimalaria-Arzneistoff seine Wirksamkeit in Südostasien verlieren, sehen die Autoren und die WHO weitreichende Folgen nicht nur für Asien, sondern auch für Afrika: Laut dem NIH hatten sich in der Vergangenheit Resistenzen gegen die Antimalaria-Wirkstoffe Chloroquin und Pyrimethamin zuerst in Südostasien entwickelt und wurden von dort aus nach Afrika verschleppt.

Als besonders kritisch stufen die Autoren die Situation in Indien und China ein: Für beide Länder seien kaum Daten zur Qualität von Antimalaria-Arzneimitteln vorhanden. Doch das, was bekannt sei, lege den Verdacht nahe, dass in diesen Ländern sowohl in die Produktion als auch in den internationalen Handel Kriminelle involviert seien. Obwohl die indische und chinesische Regierung bereits Kampagnen gestartet hätten, um die Entwicklung und Herstellung von gefälschten Arzneimitteln zu beschränken, müsste in diesen Ländern einiges mehr getan werden. Denn besonders in Indien und China werden für Asien und Afrika erschwingliche Artemisinin-Arzneimittel hergestellt.


Almuth Schmidt