Deutscher Ärztetag

KBV-Chef Köhler will Krankenkassen benoten

Berlin - 22.05.2012, 09:45 Uhr


Sowohl für Apotheker als auch für Ärzte nimmt der bürokratische Aufwand immer mehr zu. Auf der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Nürnberg plädierte KBV-Chef Dr. Andreas Köhler an die Politik, die Behandlungszeit seiner Berufsgruppe nicht durch zu viel Verwaltungsaufwand zu beschneiden. „Das Motto muss lauten: versorgen statt verwalten“, sagte Köhler. Auch die Krankenkassen bekamen ihr Fett weg: In einem Krankenkassen-Navigator sollen Ärzte künftig die Leistungen der Kassen benoten.

Der Arzt sei „Dreh- und Angelpunkt in der Gesundheitsversorgung“, bei dem alle Fäden der verschiedenen an der Gesundheitsversorgung beteiligten Akteure zusammenlaufen, so Köhler. Als Koordinator und Manager, der eine Schutzfunktion für den Patienten habe, müsse er den Überblick behalten, Behandlungsschritte abwägen und Prioritäten setzen. „All das kann nur der Arzt“, so Köhler. Die derzeitige Entwicklung führe jedoch nicht dazu, dass die Aufgaben der Ärzte abnähmen.

Zur Untermauerung berief der KBV-Chef sich auf eine Umfrage unter Ärzten, die die KBV zusammen mit dem NAV-Virchow-Bund im Juni präsentieren will. Danach ist die Arbeitsbelastung der Ärzte insgesamt hoch, und die Behandlungszeit für die Patienten reicht wegen des hohen bürokratischen Aufwands nicht aus. Durchschnittlich arbeiteten Haus- und Fachärzte bereits über 55 Stunden wöchentlich – Fachärzte behandelten pro Tag mehr als 40 Patienten, Hausärzte sogar mehr als 50.

Unzufrieden äußerte sich Köhler auch über das Verhalten der Krankenkassen. Er berichtete in diesem Zusammenhang von den Plänen für den im vierten Quartal 2012 geplanten Krankenkassen-Navigator als Gegengewicht zu den Arztbewertungsportalen der Kassen. Man wolle auch „in umgekehrte Richtung für Transparenz sorgen“, erklärte er. „Wir als Ärzteschaft wollen die Kassen einmal daran erinnern, was sie dazu beitragen können, die Arbeit der Niedergelassenen und damit den Dienst am Patienten zu erleichtern. Und wir wollen, dass die Öffentlichkeit dies erfährt“, so der KBV-Chef.

In Anlehnung an die Arztbewertungsportale können Ärzte und Psychotherapeuten auf dem neuen Portal ihre persönlichen Erfahrungen mit Krankenkassen schildern. Beispielsweise können Bewertungen zur Therapiefreiheit, Regressen, Bürokratie, Selektivverträgen sowie Service und Information abgegeben werden. Bewertet wird nach Schulnoten, darüber hinaus sind für Erfahrungsberichte auch Freitextantworten möglich.


Juliane Ziegler