Nutzenbewertung von Retigabin

GSK: Unverständlich und inakzeptabel

Berlin - 07.05.2012, 15:51 Uhr


Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat letzte Woche seine abschließende Nutzenbewertung zu Retigabin (Trobalt®) von GlaxoSmithKline (GSK) veröffentlicht. Sein Urteil: Das neue Antiepileptikum hat keinen Zusatznutzen gegenüber der vom G-BA gewählten Vergleichstherapie. GSK hält diese Entscheidung für inakzeptabel. Ihre Begründung sei von Formalismus geprägt und damit nicht im Sinne der Patienten.

Der G-BA hatte als zweckmäßige Vergleichstherapien Lamotrigin und Topiramat gewählt. GSK wich in seinem Dossier jedoch von diesen G-BA-Vorgaben ab – hier war die Vergleichstherapie Lacosamid. Lacosamid, so das Unternehmen, werde ebenfalls regelhaft bei Patienten eingesetzt, wenn andere Antiepileptika versagt haben. Auch werde es in anderen europäischen Ländern neben anderen modernen Therapeutika als Vergleichstherapie anerkannt.

Der nun erfolgte G-BA-Beschluss lässt zum Ärger von GSK aber auch Anfang März nachgereichte Studiendaten für Lamotrigin und Topiramat unberücksichtigt. Die Gründe sind formaler Art – auch im Verfahren der frühen Nutzenbewertung sind Fristen einzuhalten. Laut GSK verweist der G-BA nun auf seine neu geschaffene Regelung, dass der Hersteller in Fällen wie dem vorliegenden innerhalb von zwölf Monaten erneut ein Dossier einreichen könne.

Aus Sicht von GSK ist diese Begründung schlicht von Formalismus geprägt und an den Patientenbedürfnissen vorbeigehend. Prof. Dr. Torsten Strohmeyer, Leiter Forschung und Medizin bei GSK in Deutschland hält es für „nicht akzeptabel“, dass der G-BA in seiner Entscheidung bei den beiden „sachlich nicht haltbaren“ generischen Vergleichstherapien bleibt. Ebenso wenig sei nachzuvollziehen, dass der G-BA Trobalt® jeglichen Nutzen gegenüber den von ihm gewählten Vergleichstherapien abspricht. „Für Hunderte von Epilepsie-Patienten, die mit herkömmlichen Epilepsie-Medikamenten nicht zufriedenstellend versorgt werden können, stellt Retigabin unbestritten die letzte Behandlungsoption bei dieser schweren Erkrankung dar“, gibt sich Strohmeyer selbstbewusst.

Er kündigte an, dass GSK die G-BA-Begründung jetzt sorgfältig analysieren werde – dann sei über weitere Schritte zu entscheiden. Strohmeyer: „Wir hätten uns angesichts des lernenden Prozesses in der frühen Nutzenbewertung einen patientenorientierten Pragmatismus in der Nachbesserung gewünscht statt eines Formalismus, der die Versorgung mit Innovationen nachhaltig gefährden kann“. 

Diese Aussage lässt aufhorchen: Wird GSK sein Antiepileptikum möglicherweise vom Markt nehmen? Das Unternehmen müsste es nun nämlich bis zu einer neuen Bewertung in einem Jahr auf dem Preisniveau der vom G-BA gewählten generischen Vergleichstherapien halten. Und für diese gelten Festbeträge – keine attraktive Aussicht für einen forschenden Arzneimittelhersteller. Wie GSK mit der Situation umgehen wird, hält das Unterehmen bislang offen – es sei aber auch keine Option auszuschließen, sagte eine Sprecherin gegenüber DAZ.online.


Kirsten Sucker-Sket