Erstattungspreise

vfa verteidigt vertrauliche Rabatte

Berlin - 04.05.2012, 14:27 Uhr


Diese Woche ist eine Debatte um die Vertraulichkeit von Rabatten auf Arzneimittelpreise hochgekocht. Obwohl bereits im Januar in der Union Verständnis für diesen Wunsch der Pharmahersteller keimte, dauerte es etwas länger, bis das Thema die Tagespresse erreichte. Diese zitierte nun empörte Stimmen aus der Opposition. Der Verband forschender Pharmaunternehmen (vfa) versteht die Aufregung nicht.

Schon letzten Dezember hatte der damals frisch gekürte neue vfa-Vorsitzende Hagen Pfundner für eine Gesetzesänderung plädiert: Es müsse den Pharmaunternehmen ermöglicht werden, die mit dem GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel vertraulich zu halten. Im Januar griff die Union das Thema in einem ersten Positionspapier zur AMG-Novelle auf – kürzlich bekräftigte sie ihre Haltung in einem überarbeiteten Papier: Eine Veröffentlichung der vereinbarten Rabatte sei grundsätzlich nicht nötig. Auch der Bundesrat hat sich im Gesetzgebungsverfahren zur AMG-Novelle dafür ausgesprochen, eine mögliche Vertraulichkeit zumindest zu prüfen – die Bundesregierung stieg auf diesen Vorschlag ein und sagte eine solche Prüfung zu.

Bei der Opposition schlagen die Wellen jedoch hoch: Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte: „Das ist schwarz-gelbe Klientelpolitik zulasten von Verbrauchern par excellence.“ SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: „Transparenz über Preisverhandlungen und Nachlässe müssen gerade in einem öffentlichen Gesundheitssystem gewährleistet sein.“ Auch der GKV-Spitzenverband lehnt die Idee aus dem Pharmalager ab: „Wir sind dafür, die geplante Transparenz der ausgehandelten Erstattungsbeträge beizubehalten“, sagte Sprecher Florian Lanz.

Die Hauptgeschäftsführerin des vfa, Birgit Fischer, hält den Kritikern nun entgegen, dass Deutschland keinen Sonderweg einschlage, wenn die Verhandlungsergebnisse vertraulich gehalten werden. „Die meisten Länder arbeiten mit einem allgemein bekannten Listenpreis, verhandeln Rabatte und denken nicht daran, diese Verhandlungsergebnisse öffentlich auf den Markt zu tragen“. Lege man hierzulande andere Regeln fest, profitiere nicht das deutsche Gesundheitssystem durch Einsparungen – vielmehr forderten andere Länder einfach einen größeren Rabattanteil für sich. „Die Spielräume für deutsche Verhandlungen werden somit eingegrenzt“, so Fischer. Sie verweist zudem darauf, dass auch die schon seit Jahren üblichen Rabattverträge zwischen Industrie und Kassen vertraulich sind – und gerade deshalb beachtliche Volumina erreichten.

Keine Furcht vor einem schlechten Referenzpreis hat indessen der Pharmakonzern AstraZeneca. Sein Präparat Brilique® (Ticagrelor) war das erste in der frühen Nutzenbewertung und wird auch als erstes die Verhandlungen zum Erstattungsbetrag vollendet haben. Am 9. Mai ist der vierte und möglicherweise letzte Verhandlungstermin mit dem GKV-Spitzenverband. Es können jedoch noch Zusatztermine vereinbart werden, soweit dies nötig erscheint – feststehen muss der Preis bis Ende Juni. Ob man nächste Woche schon zu einem Ergebnis kommen wird, ist nicht klar. „Es ist nicht unüblich, die komplette Verhandlungszeit zu nutzen“, sagte ein Unternehmenssprecher zu DAZ.online. Zumal es sich bei Ticagrelor um das erste Arzneimittel im neuen AMNOG-Verfahren handelt. AstraZeneca werde das Verfahren jedoch keinesfalls hinauszögern, um eine Entscheidung des Gesetzgebers über die Vertraulichkeit abzuwarten. Angesichts des positiven Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses und der guten Studienlage sei man selbstbewusst. „Wir glauben an unser gutes Produkt“, so der Sprecher.


Kirsten Sucker-Sket