Oberverwaltungsgericht NRW zu E-Zigaretten

Gesundheitsministerin Steffens darf nicht warnen

Münster - 23.04.2012, 14:14 Uhr


Ende letzten Jahres warnte die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in einer Pressemitteilung vor den Gefahren des E-Zigaretten-Konsums. Sie vertrat die Auffassung, bei den hierbei verwendeten nikotinhaltigen Liquids handele es sich um Arzneimittel. Heute hat das Oberverwaltungsgericht in Münster diese Warnungen per einstweiliger Anordnung untersagt.

Das NRW-Gesundheitsministerium hatte in einer Pressemeldung vom 16. Dezember 2011 vor nikotinhaltigen E-Zigaretten gewarnt. Diese seien als Arzneimittel anzusehen, aber nicht zugelassen. Nach dem Arzneimittelgesetz ist es verboten, nicht zugelassene Arzneimittel in den Verkehr zu bringen. Am selben Tag informierte das Ministerium die Bezirksregierungen über die nach seiner Meinung bestehende Rechtslage. Nikotin sei eine pharmakologisch wirkende Substanz, und nikotinhaltige Liquids unterlägen als Funktionsarzneimittel dem Arzneimittelrecht. Die E-Zigarette als Applikator unterliege dem Medizinproduktegesetz. Der Erlass wurde auch allen Apotheken im Bereich der Apothekerkammer Nordrhein zur Kenntnis gegeben und zwar mit dem  Zusatz „Bitte informieren Sie auch Ihre Mitarbeiter/innen“.

Eine Produzentin und Vertreiberin von E-Zigaretten beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Düsseldorf, dem Ministerium diese Äußerungen im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab. Diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht nun geändert – es gab dem Begehren der Antragstellerin im Wesentlichen statt.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass mit Rücksicht auf die Berichterstattung in den Medien zur Verkehrsfähigkeit der E-Zigarette mehr dafür spreche, dass die streitigen Äußerungen des Ministeriums wie ein Verbot wirkten. Deshalb sei die rechtliche Einschätzung des Ministeriums nicht nur auf seine Vertretbarkeit zu überprüfen, wie durch das Verwaltungsgericht geschehen. Vielmehr habe das Gericht eine eigene rechtliche Wertung am Maßstab des Arzneimittelgesetzes und des Medizinproduktegesetzes vorzunehmen. Danach seien die in der Pressemeldung des Ministeriums und in dem Erlass enthaltenen Äußerungen rechtswidrig. Die E-Zigarette und ein nikotinhaltiges Liquid unterfielen weder dem Arzneimittelgesetz noch dem Medizinproduktegesetz. Das Liquid erfülle nicht die gesetzlich normierten Voraussetzungen eines Arzneimittels. Es stehe nicht die Entwöhnung vom Nikotinkonsum oder die Linderung einer Nikotinabhängigkeit im Vordergrund. Die E-Zigarette nebst Zubehör habe auch keine für ein Arzneimittel erforderliche therapeutische oder prophylaktische Zweckbestimmung.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Beschluss des OVG NRW vom 23. April 2012, Az.: 13 B 127/12


Kirsten Sucker-Sket