EuGH soll entscheiden

Italien: Rx-Arzneimittel auch außerhalb von Apotheken?

Berlin - 12.04.2012, 17:29 Uhr


Der Europäische Gerichtshof soll entscheiden, ob Italiens „Parafarmacie“ auch nicht erstattungsfähige, aber verschreibungspflichtige Arzneimittel verkaufen dürfen. In diesen Drogeriemärkten dürfen schon jetzt OTC-Arzneimittel verkauft werden. Eine Parafarmacia-Betreiberin will jedoch mehr: Sie möchte auch solche Arzneimittel in ihr Sortiment aufnehmen, deren Vertrieb bislang Apotheken vorbehalten ist.

Ein regionales Verwaltungsgericht der Lombardei gab der approbierten Apothekerin bereits grundsätzlich recht: Die italienischen Vorschriften, nach denen nicht erstattungsfähige Rx-Arzneimittel der Liste „Fascia C“ nur in Apotheken verkauft werden dürfen, sei diskriminierend und verstoße gegen EU-Recht.

Die Liste umfasst die Arzneimittel, die nicht vom staatlichen Gesundheitsdienst „Servicio Sanitaris Nazionale“ (SSN) erstattet werden – ein großer Teil davon ist verschreibungspflichtig. Die Rx-Arzneimittel sind daher nur auf eigene Kosten über ein vom Arzt ausgestelltes „weißes Rezept“ (ricetta bianca) und nur in Apotheken erhältlich. Der Verkauf von OTC-Arzneimitteln der Liste ist mittlerweile auch in Drogerien erlaubt. Die Pharmazeutin sieht sich und andere Parafarmacia-Betreiber durch die noch bestehende Einschränkung benachteiligt und setzte sich zur Wehr.

So sahen es auch die italienischen Verwaltungsrichter. Es gebe keine Rechtfertigung für diese Unterscheidung. Sie mache es Betreibern von Drogerien nahezu unmöglich, sich in Italien niederzulassen. Auch würde das Ziel der Regierung, die öffentlichen Ausgaben einzudämmen, durch eine Freigabe für Drogerien nicht untergraben, da der Kauf der entsprechenden Arzneimittel auch weiterhin nicht zulasten des SSN erfolge, argumentierten die Richter. Zudem böte ein intensiverer Wettbewerb den Bürgern Vorteile in Form von niedrigeren Preisen.

Weil sie durch die nationale Regelung die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit, der Nichtdiskriminierung und des Schutzes des Wettbewerbs der Artikel 49 ff. des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als verletzt ansehen, legten die Richter den Fall dem EuGH vor. Er soll nun entscheiden, ob das italienische Recht gegen EU-Recht verstößt.


Juliane Ziegler