Neurologie

Mathematisches Modell beschreibt die Zusammenarbeit von Nervenzellen

Jülich - 21.03.2012, 10:00 Uhr


Wie kommunizieren Nervenzellen im Gehirn miteinander? Eine gängige Theorie besagt, dass nicht einzelne Zellen Signale untereinander austauschen, sondern dieser Austausch zwischen Zellverbünden stattfindet. Forscher aus Japan, den USA und Deutschland haben nun ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem sich diese Annahme überprüfen lässt.

Eine Nervenzelle im Neokortex nimmt Kontakt zu Tausenden anderen Neuronen auf und empfängt von ihnen auch eine Vielzahl von Signalen. Wie die Neuronen dadurch zusammenarbeiten, lässt sich aus gemessenen Signalen bisher nur schwer interpretieren. Forscher des RIKEN Brain Science Institute (BSI) in Japan haben nun zusammen mit Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich (Deutschland) und des Massachusetts Institute of Technology in Boston (USA) ein mathematisches Modell entwickelt, das in dieser Hinsicht Klarheit schaffen könnte.

Aus den vielen gleichzeitig gemessenen Signalen filtert das neue Verfahren Informationen, ob die Neuronen einzeln kommunizieren oder als Verbund. Darüber hinaus berücksichtigt das Modell, dass diese Zellverbünde keine festen Gruppierungen sein müssen, sondern sich innerhalb von Millisekunden flexibel umgruppieren können - abhängig von den aktuellen Anforderungen im Gehirn.

Die Forscher wollen mit diesem Verfahren die Existenz dynamischer Zellverbände nachweisen und deren Aktivität eindeutig bestimmten Verhaltensweisen zuordnen. Die Wissenschaftler konnten bereits zeigen, dass Nervenzellen zusammenfinden, wenn Tiere ein Signal erwarten. Die Tiere können dadurch schneller beziehungsweise empfindlicher reagieren.

In der Zukunft wollen die Forscher ihre Methoden auf gleichzeitig aufgezeichnete Signale von Hunderten von Neuronen anwenden. Dadurch wäre die Wahrscheinlichkeit größer, Zellverbünde zu beobachten, die an der Planung und Steuerung von Verhalten beteiligt sind.

Literatur: Shimazaki, H., et al.: PLoS Comput. Biol. 2012;8(3):e1002385. Online: doi:10.1371/journal.pcbi.1002385. 


Dr. Bettina Hellwig


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