Alterndes Gehirn

Wahrnehmungsprozesse verändern sich

Bochum - 10.02.2012, 11:13 Uhr


Bochumer Neurowissenschaftler haben bei älteren Menschen im Vergleich zu jungen eine erhöhte Erregbarkeit in dem Areal des Gehirns gefunden, welches für die Verarbeitung des Tastsinns der Hand zuständig ist.

Während bei jungen Menschen solch eine „Enthemmung“ mit einer besseren Tastleistung verbunden ist, geht sie bei den Älteren mit einem verschlechterten Tastsinn einher.

Bei 132 Versuchspersonen im Alter zwischen 17 und 86 Jahren wurden für die neue Studie nach einer elektrischen Stimulation der Hand die Hirnströme im somatosensorischen Hirnareal der Hand gemessen. Das Ergebnis: Die Erregbarkeit in diesem Areal korrelierte mit dem Alter der Versuchspersonen, im Alter war sie deutlich erhöht.

Die Forscher schlossen daraus, dass erregungshemmende Prozesse, die bei jüngeren Menschen wirken, bei Älteren nicht mehr so gut funktionieren. Hinweise für eine solche „Enthemmung“ waren zwar in Tierversuchen gefunden worden, wurden bisher aber für den Menschen noch nie gezeigt. 

Ungeklärt waren bisher auch die funktionellen Auswirkungen einer reduzierten Wirksamkeit hemmender Verarbeitungsmechanismen auf das Verhalten. Die Untersuchung einer Untergruppe der älteren Versuchspersonen ergab weiterhin, dass bei Personen mit besonders starker „Enthemmung“ der Tastsinn ebenfalls besonders stark beeinträchtigt war. Diese Ergebnisse zeigen erstmals eine Verbindung zwischen Hemmungsprozessen und Wahrnehmungsleistungen im Alter. Darüber hinaus sind die Befunde ein weiterer Beleg dafür, dass kortikale Veränderungen im Gehirn während des Alterns grundlegend verschieden sind von Veränderungen durch Lernprozesse, die bei jüngeren Menschen auftreten. Ziel weiterer Forschungen ist es, über ein besseres Verständnis dieser altersbedingten Gehirnveränderungen Trainingsmethoden für ältere Menschen zu entwickeln, die ihnen helfen, ihre Alltagskompetenz länger zu erhalten. 

Literatur: Lenz, M., et al.: J. Neurosci. 2012:32(5):1811-1816; Online: doi:10.1523/JNEUROSCI.2722-11.2012. 


Dr. Bettina Hellwig