Apothekenbetriebsordnung

Kabinett stimmt ApBetrO zu

Berlin - 01.02.2012, 09:47 Uhr


Das politische Tauziehen um die Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) fand soeben sein vorläufiges Ende: Das Bundeskabinett billigte heute morgen den von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vorgelegten Entwurf.

Die ApBetrO enthält zahlreiche wichtige Änderungen für den Apothekenalltag. Nach langwierigen und kontroversen Diskussionen konnte insbesondere ein Dammbruch in Richtung „Apotheke light“ durch eine ursprünglich vorgesehene Privilegierung von Filialapotheken bei der Laborausstattung doch noch verhindert werden. Übrig geblieben in der jetzt verabschiedeten Novelle ist nur noch eine flexiblere Regelung für Filialapotheken beim Notdienst.

In dieser Übersicht können Sie sich hier über die wesentlichen Neuerungen der ApBetrO informieren:

QMS

- QMS-Pflicht für alle Apotheken, aber keine Zertifizierungspflicht

- Apotheken sollen an externen Qualitätsüberprüfungen teilnehmen

- verpflichtende und zu dokumentierende Selbstinspektionen

- vielfältige qualitätsbezogene Dokumentationspflichten

Apothekenbetriebsräume

- die Mindestfläche bleibt für alle Apotheken unverändert bei 110 m²

- geeignete Maßnahmen (Fußbodenmarkierung, Aufstellen von Abtrennungen) zur Gewährleistung der Vertraulichkeit der Beratung am Ort der Arzneimittelabgabe

- Rezeptur muss nach drei Seiten raumhoch abgetrennt sein, getrennter Teeabfüllplatz

- Befreiung von der Raumeinheit wird auf Räume zur Heimversorgung ausgeweitet

- es ist ein Hygieneplan aufzustellen

- abgetrennte Räume für patientenindividuelles Stellen bzw. Blistern von Arzneimitteln oder für die Herstellung patientenindividueller Parenteralia (ggf. Zugang über Schleusen)

- separate Lagerbereiche für Krankenhausversorgung

- Anmietung von Lagerraum in versorgten Kliniken oder Heimen bleibt verboten

- Warenschleuse muss ständig eine für die jeweiligen Arzneimittel geeignete Temperatur aufweisen und den Zugriff Unbefugter verhindern

Apothekenübliche Waren und Dienstleistungen

- apothekenübliche Waren werden um Mittel zur Körperpflege erweitert

- apothekenübliche Dienstleistungen werden erstmals definiert: Gesundheits- und Ernährungsberatung, Gesundheitserziehung und -aufklärung, Begleitung von Vorsorgemaßnahmen, einfache Gesundheitstests etc.

- Nebensortiment wird nicht eingeschränkt; es darf den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags jedoch nicht beeinträchtigen

Rezeptsammelstellen

- keine Änderung bei der Anforderungen an die Genehmigung einer Rezeptsammelstelle

- kein Pick-up-Verbot über weitergehende Reglementierung der Rezeptsammlung

Technische Ausstattung und andere Hilfsmittel

- Wasser für Injektionszwecke muss nicht hergestellt werden können, sondern kann auch als Fertigarzneimittel vorrätig gehalten werden

- Listen der vorgeschriebenen Laborgeräte und Prüfmittel werden ersatzlos gestrichen

- Arzneibuch und apothekenrelevante Gesetzestexte bleiben Pflichtliteratur

- Wissenschaftliche Hilfsmittel können auch in elektronischer Form genutzt werden

Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln 

- Rezepturen sind grundsätzlich nach schriftlichen Herstellungsvorschriften herzustellen (standardisierte Herstellungsanweisungen sind auf den jeweiligen Apothekenbetrieb anzupassen)

- jede Rezepturanfertigung ist einzeln zu dokumentieren

-Rezepturen sind vor der Herstellung von einem Apotheker auf Plausibilität zu prüfen

- Organoleptische Prüfung als Mindestvoraussetzung für die schriftlich zu dokumentierende Freigabe der Rezeptur

- bei Defekturen gelten die gleichen Standards wie für alle anderen Arzneimittelhersteller (àindividuelle Herstellanweisung für den Einzelfall; reine Sinnesprüfung nicht ausreichend!)

- Möglichkeit der Großherstellung für Apotheken wird abgeschafft (betroffene Apotheke benötigen künftig eine Herstellerlaubnis nach § 13 AMG)

Kennzeichnung

- neue Pflichtangaben auf Rezepturetiketten: Angabe der Hilfsstoffe, konkretes Verfallsdatum, Patientenname, Hinweise für die Aufbewahrung und die Beseitigung von nicht verwendeten Arzneimitteln (falls der Platz auf dem Etikett nicht ausreicht auch als Begleitdokument)

- für Defekturen gelten bei der Kennzeichnung Industriestandards, zudem wird für diese Arzneimittel eine Packungsbeilage vorgeschrieben

Versand und Botendienst

- Botendienst nicht mehr auf Einzelfälle beschränkt

- Boten müssen zum Apothekenpersonal gehören

- Beratung durch pharmazeutisches Personal in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auslieferung, falls vorher keine Beratung in der Apotheke stattgefunden hat

- Versandzustellung und -aushändigung kann weiterhin durch externes (nicht-pharmazeutisches) Personal erfolgen

- im Versandhandel müssen Besteller künftig eine Telefonnummer nennen, unter der sie durch pharmazeutisches Personal der Versandapotheke beraten werden

Beratung und Information

- Beratungspflicht: Beratung muss jedem Kunden aktiv angeboten werden; dabei ist der Kunde aktiv in das Gespräch einzubeziehen, damit der Apotheker dessen Informations- und Beratungsbedarf erkennen und auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen kann

- der Apotheker kann seine Beratungspflicht durch schriftliche Festlegung an pharmazeutisches Personal delegieren

- das Mithören des Beratungsgesprächs durch andere Kunden muss weitestgehend verhindert werden

- es müssen klare Rechnungen und Preisinformationen sowie Informationen über den Erlaubnis- oder Genehmigungsstatus der Apotheke, den Versicherungsschutz oder andere Formen des persönlichen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht des Apothekers bereitgestellt werden.

Aufgabenbündelung im Filialverbund

- Notdienste können ggf. gebündelt werden (Voraussetzung: berechtigtes Interesse und räumliche Nähe)

- Labor muss weiterhin in jeder Apotheke vorhanden sein

- die Prüfung von Arzneimitteln und die Identitätsprüfung von Ausgangsstoffen können zentral in einer Apotheke stattfinden. Bei der Prüfung von Arzneimitteln muss in der jeweiligen Filiale eine Identitätsprüfung durchgeführt werden

- offizinelle Arzneimittelherstellung darf nicht zentralisiert werden

Outsourcing

- Apotheken können bestimmte pharmazeutische Tätigkeiten an einen anderen Betrieb vergeben

- Das Outsourcing bleibt auf die Herstellung patientenindividueller Parenteralia und Blister, sowie auf Prüfungen, die über die Identitätsprüfung hinaus gehen beschränkt 

- es muss ein Vertrag vorliegen, der die Verantwortlichkeiten jeder Seite klar festlegt

- die Verantwortung für die Qualität des hergestellten Arzneimittels sowie für die Information und Beratung des verordnenden Arztes verbleibt bei der beauftragenden Apotheke

Patientenindividuelles Verblistern

- patientenindividuelle Verblisterung ist in einem separaten Raum vorzunehmen, der ausschließlich diesem Zweck dient (Raumeinheit mit der übrigen Apotheke muss nicht gegeben sein)

- macht die Apothekenleitung von der räumlichen Auslagerungsmöglichkeit Gebrauch, so muss die Arzneimittelherstellung vor Ort von einem Apotheker überwacht werden

- spezielles QMS notwendig

- Blister müssen ausreichend gekennzeichnet sein (Patientenname, enthaltene Arzneimittel mit Chargenbezeichnung, Verfalldatum, Einnahmehinweise, eventuell Lagerungshinweise sowie die abgebende Apotheke und ggf. der Blisterhersteller)

Patientenindividuelle Parenteralia

- Herstellung in einem separaten Raum, der ausschließlich diesem Zweck dient (Raumeinheit mit der übrigen Apotheke muss nicht gegen sein)

- macht die Apothekenleitung von der räumlichen Auslagerungsmöglichkeit Gebrauch, so muss die Arzneimittelherstellung vor Ort von einem Apotheker überwacht werden

- spezielles QMS notwendig

- ärztliche Verordnung ist auf Plausibilität zu prüfen (Vier-Augen-Prinzip oder elektronische Kontrolle) 


Dr. Andreas Ziegler/Lothar Klein


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