Immunsystem

Schäden durch reaktive Sauerstoffspezies

Mainz - 30.01.2012, 09:41 Uhr


Wissenschaftler aus Mainz haben erstmals nachgewiesen, dass bestimmte im menschlichen Blut zirkulierende Zellen des Immunsystems – die Monozyten – besonders empfindlich auf reaktive Sauerstoffspezies (ROS) reagieren, und klärten gleichzeitig die Ursache dafür auf.

ROS sind aggressive Formen des Sauerstoffs, die bei „oxidativem Stress“ entstehen und bei verschiedenen Erkrankungen eine wesentliche Rolle spielen. ROS werden aber auch von Zellen des Immunsystems natürlicherweise zur Bekämpfung von Krankheitserregern gebildet – vor allem von den Makrophagen. Diese entstehen neben den Dendritischen Zellen im Rahmen der Immunantwort aus den Monozyten. Sowohl Makrophagen als auch Dendritische Zellen sind im Gegensatz zu den Vorläuferzellen, den Monozyten, gegenüber ROS geschützt.
Die starke Empfindlichkeit der Monozyten führen die Mainzer Wissenschaftler auf mehrere Defekte in der DNA-Reparatur zurück, die diese Zellen aufweisen. Sie vermuten hinter diesem erstmals entdeckten Phänomen einen ausgeklügelten Mechanismus, um die Immunantwort und überstarke ROS-Produktion im Körper zu regulieren. 

Während einer Tumortherapie durch Bestrahlung oder Chemotherapie kommt es zu einer Schädigung des Immunsystems. Die Forscher konnten jetzt zeigen, dass menschliche Monozyten besonders empfindlich auf reaktive Sauerstoffspezies (ROS) reagieren, während Makrophagen und Dendritische Zellen, die aus Monozyten durch Zytokingabe gereift wurden, resistent sind. Die außerordentlich hohe Empfindlichkeit von Monozyten konnten die Wissenschaftler nach Bestrahlung, Exposition mit Chemikalien und sogar dem oxidierten low-density Lipoprotein (oxLDL), das mit Atherosklerose in Verbindung gebracht wird, beobachten. Alle diese Behandlungen erzeugen in der Zelle ROS und damit Schäden der DNA, die zum Zelltod aber auch zur malignen Entartung führen können.

ROS wird im Immunsystem vor allem von den Makrophagen, gebildet, um eingedrungene Krankheitserreger abzutöten. Sobald dies erfolgt ist, sollte die körpereigene ROS-Produktion eingestellt werden. Auch sollte nicht zu viel ROS gebildet werden, da dieses auch die gesunden Zellen im entzündeten Gewebe schädigt. Tatsächlich stehen chronische Entzündungen, bei denen ständig ROS gebildet wird, häufig mit einer erhöhten Krebsanfälligkeit in Verbindung.
Die Mainzer Forscher konnten außerdem die Ursache für die Hypersensitivität von Monozyten gegenüber oxidativem Stress ausfindig machen: Die Monozyten waren nicht in der Lage, durch ROS induzierte Schädigungen ihrer Erbsubstanz DNA zu reparieren. Dies wiederum liegt daran, dass wichtige Reparaturproteine – XRCC1, Ligase III, PARP-1 und DNA-PK – von den Zellen in nur sehr geringer Menge hergestellt werden. Damit sind Monozyten faktisch defekt in zwei wichtigen DNA-Reparatursystemen, der Basenexzision und der Reparatur so genannter Doppelstrangbrüche. Ein derartiger genereller Repararturdefekt wurde bisher weder in Zellen des menschlichen Körpers noch in experimentellen In-vitro-Systemen beschrieben.

Literatur: Bauer, M., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 2011;108:21105-10.


Dr. Bettina Hellwig