Zentrales Nerevensystem

Wie Proteine das Wachstum von Nervenzellen steuern

Bochum - 28.12.2011, 10:00 Uhr


Wie die Astrozyten des Nervensystems entstehen, ist bislang weitgehend unbekannt. Bochumer Forscher haben nun untersucht, welchen Einfluss die extrazelluläre Matrix auf diesen Prozess hat. Sie fanden heraus, dass das Matrix-Protein Tenascin C vorhanden sein muss, damit sich Astrozyten im Rückenmark von Mäusen kontrolliert vermehren und verteilen.

Unreife Astrozyten stellen Tenascin C her und sondern es in die extrazelluläre Matrix ab. Von dort steuert es die Entwicklung der Zellen. Um die Rolle des Proteins genauer zu charakterisieren, erforschte ein Bochumer Forscherteam Astrozyten, die genetisch so manipuliert waren, dass sie kein Tenascin C herstellten. Die Wissenschaftler beobachteten, dass sich die Astrozyten ohne das Protein länger teilten und später an ihren Bestimmungsort im Rückenmark wanderten. Als Konsequenz der längeren Zellteilungsphase fanden sie eine vermehrte Anzahl an reifen Astrozyten.

Auch auf molekularer Ebene hinterließ die Tenascin-C-Manipulation Spuren. Die Forscher verglichen die Genaktivität im Rückenmark mit und ohne Tenascin-C-Produktion. Die Abwesenheit des Proteins wirkte sich nicht nur auf Gene aus, die typisch für Astrozyten sind. Eine veränderte Aktivität stellten die Wissenschaftler auch bei Genen fest, die eine Rolle für bestimmte Wachstumsfaktoren spielen. Diese haben unter anderem Einfluss auf das Überleben und die Teilungsaktivität verschiedener Zelltypen.

Astrozyten übernehmen eine Vielzahl an Aufgaben im Nervensystem. Sie regulieren den Ionenhaushalt und die Konzentration von Botenstoffen, sind ein Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke und beeinflussen die Aktivität der Nervenzellen. Bei Verletzungen des zentralen Nervensystems oder auch Hirntumoren bilden sich so genannte reaktive Astrozyten, die sich ähnlich wie unreife Astrozyten verhalten. Bislang ist die Funktion von Tenascin C unter solchen pathologischen Bedingungen größtenteils unbekannt. Wenn man aber mehr über die Aufgabe von Tenascin C während der Entwicklung weiß, lässt sich wahrscheinlich auch besser verstehen, was es zum Beispiel bei Rückenmarksverletzungen bewirkt.

Literatur: Karus, M., et al.: Development 2011, Online: doi: 10.1242/dev.067413.


Dr. Bettina Hellwig