GKV-Versorgungsstrukturgesetz

Bundestag beschließt „Landärztegesetz“

Berlin - 01.12.2011, 14:31 Uhr


Der Bundestag hat den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (VStG) beschlossen. Für das Gesetz stimmten am heutigen Vormittag die Fraktionen von Union und FDP – die Opposition votierte geschlossen dagegen.

„Mit dem Versorgungsstrukturgesetz ebnen wir den Weg zu einer langfristigen qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung. Wir sorgen dafür, dass Arztpraxen in Zukunft dort zu finden sein werden, wo die Menschen sie brauchen“, sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) heute im Bundestag. Mit dem Ziel einer guten Versorgung und fairem Wettbewerb um die besten Leistungsangebote erhielten Krankenkassen deshalb mehr Möglichkeiten, ihren Versicherten Zusatzleistungen anzubieten. „Zum Beispiel bei der Unterstützung durch Haushaltshilfen oder sie können rezeptfreie apothekenpflichtige Medikamente als Satzungsleistung wieder erstatten.“

Während der mehr als eineinhalbstündigen Debatte gab es jedoch von Oppositionsseite wie erwartet deutliche Kritik. Je schlechter ein Gesetz, desto mehr Änderungsanträge seien nötig, merkte Marlies Volkmer (SPD) an, und verwies damit auf die 125 eingebrachten Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen. Auch die Anhörung war ihr zufolge ein klares Zeichen: Dort habe es „Watschen von allen Seiten“ gegeben. Das Gesetz verändere – auch wenn sein Name es verspreche – jedenfalls keine Strukturen. Das Problem der Unter- und Überversorgung könne durch die vorgesehenen finanziellen Anreize nicht gelöst werden.

Das sieht auch ihr Fraktionskollege Dr. Karl Lauterbach so. Er warf der FDP außerdem vor, ihre Gesundheitspolitik sei geprägt von Lobbyismus – dieser sei der Partei „wichtiger als der Wettbewerb“. Der Bundesgesundheitsminister sei vor den Lobbyisten der Kassenärztlichen Vereinigungen „eingeknickt“: So habe er – obwohl dies für eine Lösung des bestehenden Fehlversorgungsproblems nötig gewesen wäre – beispielsweise nicht geregelt, leer stehende Praxen in überversorgten Bereichen aufzukaufen und Praxen im ländlichen Bereich zu eröffnen, weil die Lobbyisten der Kassenärztlichen Vereinigung ihm dies „nicht erlaubt“ hätten.

Auch für Dr. Martina Bunge (Linke) ist der Gesetzesentwurf „alles andere als ein großer Wurf“. Ihr zufolge ist das Beste an dem Gesetz, dass es „keinen bleibenden Schaden verursacht“. Es führe zu Mehrkosten in unkalkulierbarer Höhe und bringe zusätzliches Geld dahin, wo die meisten Ärzte sind, aber nicht dahin, „wo der Bedarf am größten ist“. Erneut forderte sie daher wirtschaftliche Basiszahlen, um eine bedarfsgerechte und sektorübergreifende Planung zu ermöglichen. So sah es auch Dr. Harald Terpe (Grüne), der von einer „dreisten Umverteilung“ finanzieller Mittel sprach. Für ihn ist das VStG zu sehr auf Ärzte fixiert: „Nichtärztliche Heilberufe sucht man nahezu vergeblich.“

Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Jens Spahn, verteidigte das Gesetz und betonte, eine gute Versorgung gehe „nur mit den Ärzten und nicht gegen sie“. Die „Hammermethode“ der Opposition führt seiner Meinung nach zu „Frustration“ – das sei allerdings nicht der Weg der Regierungsfraktionen. Ärzte seien die „Vorboten“ der Versorgung, weshalb sie auch im Mittelpunkt des Gesetzes stünden. Er betonte, das Gesetz führe durchaus zu einer stärkeren Verzahnung aller Gesundheitsberufe. Als Beispiel führte er das vorgesehene Modellvorhaben für die Arzneimittelversorgung an: Die Einführung des Medikationskataloges werde zu einer besseren Abstimmung zwischen Arzt und Apotheker führen und dafür sorgen, dass Patienten ihre Medikamente ohne Ängste einnehmen können. Um das Konzept zu erproben, habe man sich bewusst für ein Modell entschieden.

Nächste Station für das VStG ist der Bundesrat: Diesen soll es am 16. Dezember passieren, zustimmungspflichtig ist das Gesetz nicht. Am 1. Januar 2012 soll es in weiten Teilen in Kraft treten.


Juliane Ziegler