Patientenrechtegesetz

Zehn Länder legen Eckpunkte vor

Berlin - 18.11.2011, 13:56 Uhr


Zehn Bundesländer geben der Bundesregierung Vorschläge an die Hand, um ein Patientenrechtegesetz zu entwerfen. In einem gemeinsamen Eckpunktepapier, das unter der Federführung Hamburgs entstand, legen die Länder dar, wie die Patientensicherheit zukünftig gestärkt, die Aufklärung verbessert und Patienten bei Behandlungsfehlern unterstützt werden können.

Enttäuscht darüber, dass die Bundesregierung die wiederholten Angebote der Länder zur Zusammenarbeit nicht aufgegriffen hatte, zeigte sich Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks: „Seit fast 20 Jahren wird über Patientenrechte diskutiert, seit zwei Jahren warten wir auf den angekündigten Gesetzentwurf der Bundesregierung.“ Das Grundlagenpapier der Bundesregierung für ein Patientenrechtegesetz enthält nach Meinung der Länder zwar richtige Vorschläge, bleibt jedoch in vielen Punkten vage und lässt wichtige Problembereiche gänzlich aus.

Daher formulierten die Gesundheitsminister und -senatoren der Länder Hamburg, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen die nötigen Grundsätze nun selbst und legten sie vor. „Wenn die Bundesregierung jetzt nicht handelt, kann aus den Eckpunkten auch eine Gesetzesinitiative werden“, mahnte Prüfer-Storcks.

Erklärtes Ziel bei der Zusammenstellung der Grundsätze war der „mündige Patient“: Daher sollen unter anderem die kollektiven Patientenrechte, wie beispielsweise die Beteiligung von Patientenvertretern in Entscheidungsgremien des Gesundheitswesens auf Bundes- und Landesebene, ausgebaut werden. Der einzelne Patient soll zudem ein Anrecht auf Beratung durch neutrale Institutionen, eine Zweitmeinung, umfassende und verständliche Aufklärung, einen Patientenbrief mit Therapieinformationen und Einblick in die Patientenakte bekommen.

Dass die Gerichte durch ihre Rechtsprechung die Beweislast bei groben Behandlungsfehlern bereits auf die Behandelnden verlagerten, sollte nach Auffassung der Länder ebenfalls im Patientenrechtegesetz verankert werden. Und darüber hinaus soll den Patienten, denen die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches wegen eines Behandlungsfehlers nicht oder nur sehr schwer gelingt, durch einen „Härtefallfond“ unbürokratisch geholfen werden.

Auch zur Vermeidung von Fehlern gibt es im Eckpunktepapier ganz konkrete Ideen: Medizinische Einrichtungen sollen ein Risikomanagement einschließlich eines Meldesystems für kritische Ereignisse einführen bzw. sich daran beteiligen. Und kommt es doch zu einem Schadensfall, sollen Kranken- und Pflegekassen ihre Versicherten in Zukunft unterstützen – dazu gehört für die Länder beispielsweise auch ein kostenloses Gutachten des Medizinischen Dienstes.

Uwe Deh, Vorstand des AOK-Bundesverbands, begrüßte die Bundesländerinitiative ausdrücklich. „Der Lösungsansatz der Länder ist der richtige Dreiklang: Verbesserung der Patientensicherheit, Verbesserung der Fehlerkultur und deutlich mehr Qualitätstransparenz.“ Deh appelliert ebenfalls an die Bundesregierung, die Vorschläge der Bundesländer aufzugreifen und nun schnell gemeinsam ein für Patienten wie Ärzte gutes und transparentes Gesetz zu beschließen. Nur durch ein solches können sich ihm zufolge Patienten und Ärzte auf gleicher Augenhöhe begegnen.

Deh spricht sich insbesondere für eine besser funktionierende Beweislastregelung im Fall eines vermuteten Behandlungsfehlers aus. Im Sinne der Chancengleichheit sollte die Beweislast auf beide Seiten verteilt werden: Die Patienten sollten weiterhin aufzeigen müssen, dass sie durch eine fehlerhafte Behandlung zu Schaden gekommen sind – der Arzt sollte jedoch belegen müssen, dass seine Behandlungsmaßnahme nicht die Ursache des Schadens war. Dies nachzuweisen sei in der Praxis für Patienten äußerst schwer, so Deh.


Juliane Ziegler