Berliner Apotheker

Listiger Angriff auf das Apothekenwesen

Berlin - 18.11.2011, 11:31 Uhr


Heute läuft die Stellungnahmefrist zum Referentenentwurf für die Novelle der Apothekenbetriebsordnung ab. Die Apothekerkammer Berlin und der Berliner Apotheker-Verein haben zu diesem Anlass deutlich Stellung gegen die „Apotheke light“ bezogen. Beide Organisationen sprechen sich gegen eine Abstufung der Anforderungen an Apotheken im Filialverbund aus, wie sie der Referentenentwurf vorsieht.

„Die im Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vorgesehenen geringeren Anforderungen an Räume, Dienstbereitschaft und Rezepturherstellung in Filialapotheken gehen zu Lasten der Patienten“, warnte Kammerpräsident Dr. Christian Belgardt. Das meint auch Dr. Rainer Bienfait, Vorsitzender des Berliner Apotheker-Vereins. Für ihn drängt sich die Frage auf, welche Interessen das Bundesgesundheitsministerium bedient: die der Patienten oder die von Konzernen? „Der Entwurf für eine neue Apothekenbetriebsordnung stellt die Weichen hin zu Pseudo-Apotheken, die in Wirklichkeit nur billig zu betreibende Abgabestellen mit eingeschränkten Leistungen sind. Die Versorgung der Patienten bleibt auf der Strecke, der Wettbewerb unter den Apotheken wird verzerrt“, so Bienfait.

Im Extremfall blieben von den knapp 21.500 Betriebsstätten nur noch 5.375 Vollapotheken mit Notdienst und Rezeptur übrig, warnen Kammer und Verein. „Wie soll ein Patient künftig erkennen können, ob eine Apotheke Rezepturen herstellen kann oder nicht, wenn nicht alle Apotheken weiterhin Vollapotheken sind?“, gibt die Vizepräsidentin der Kammer, Dr. Susanne Damer, zu bedenken. Das Netz der Notdienst-Apotheken bekäme so große Löcher, dass die Versorgung im Notdienst völlig zusammenbrechen würde. Die Wege für die Patienten könnten viermal so weit werden.

Der Vize-Vorsitzende des Apotheker-Vereins, Dr. Andreas Dehne, spricht von einem „skandalösen“ Vorgehen des BMG: „Die angebliche Entbürokratisierung und Entlastung der Apotheken entpuppt sich bei näherer Betrachtung als listiger Angriff auf die Grundlagen des Apothekenwesens“.

Die Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Berlin hat am 15. November die „Apotheke light“ einstimmig abgelehnt und unterstützt die Positionen der ABDA. Klaus Stürzbecher, Ehrenpräsident der Apothekerkammer Berlin und der ABDA, zeigte sich in einer Rede anlässlich dieser Versammlung erstaunt, dass die Apothekerschaft sich angesichts der großen Bedeutung der anstehenden Änderungen so wenig rege. „Ich frage mich, ob den Kolleginnen und Kollegen schon klar ist, was auf dem Spiel steht“, so Stürzbecher. „Hier geht es um die Zukunft der Apotheke. Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Aufregung in unseren eigenen Reihen“.


Kirsten Sucker-Sket