Retaxationen der Kassen

Jetzt reicht’s – das Maß ist voll

Stuttgart - 10.11.2011, 15:11 Uhr


Die von der BIG direkt gesund angekündigte Retaxation von fünf T-Rezepten über einen Wert von 35.000 Euro brachte das Fass zum Überlaufen. Der betroffene Apotheker ist bereit, zusammen mit dem Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) vor Gericht zu ziehen, um diesen und andere Fälle klären zu lassen.

Der Fall des baden-württembergischen Apothekers Joachim Gädeke, Uhlberg-Apotheke in Filderstadt, sorgte für Aufsehen: Er hatte eine Retaxation von der "Big direkt gesund"-Krankenkasse erhalten, weil der Arzt auf fünf T-Rezepten, auf denen das Präparat Revlimid verordnet war, handschriftlich ein Kreuz aufgetragen und dies nicht gegenzeichnet hatte . Der Apotheker ist sich nicht bewusst, einen Fehler bei der Belieferung der Rezepte begangen zu haben. Er wandte sich daher umgehend an den LAV und die Presse: „Das ist ein unhaltbarer Vorwurf, wir werden uns das nicht gefallen lassen“, so Gädeke.

Ina Hofferberth, Geschäftsführerin des LAV, macht deutlich: Nirgendwo ist verankert, dass ein Kreuz auf dem Rezept maschinell aufgebracht werden muss und nicht handschriftlich ausgeführt werden darf. Retaxationen der Kassen in diesen Fällen suggerieren den Vorwurf der Rezeptfälschung (nachträglich aufgebrachtes Kreuz). Das wolle man sich nicht mehr gefallen lassen. Man habe daher Einspruch eingelegt und wolle dies wenn nötig durch höchste Gerichte klären lassen.

Besonders häufig nehmen dabei folgende Kassen und ihre Dienstleister (z. B. Protax)  Retaxationen vor: Novitas BKK, BKK vor Ort, BKK Hoesch, BIG direkt gesund, BKK Gesundheit West, BKK Gildemeister.

Gädeke schaltete auch die Politik ein. Er wandte sich mit einer Petition an den Bundestagsabgeordneten Michael Hennrich (CDU) und trug ihm sein Anliegen vor. Hennrich griff  das Gesuch auf und bat die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, zur Abrechnungspraxis solcher Kassen Stellung zu nehmen. 

Um zukünftige Retaxationen und Streitereien mit den Kassen zu vermeiden, müssten vertragliche Leitplanken eingezogen werden. Hofferbert denkt dabei an eindeutige Regelungen in den Lieferverträgen zwischen Kassen und LAV. Ziel für den Verband ist es, Retaxationen auf Null gänzlich auszuschließen.


Peter Ditzel


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