Integrierte Versorgung

Erster IV-Vertrag mit Pharmaunternehmen

Hamburg - 20.10.2011, 11:09 Uhr


Infolge des AMNOG ist es seit Jahresbeginn möglich, Pharmaunternehmen in Verträge zur Integrierten Versorgung (IV) einzubeziehen. Nun steht der erste Vertrag dieser Art: Die Knappschaft hat sich mit der Desitin Arzneimittel GmbH zusammengetan, um epilepsiekranken Kindern und Jugendlichen eine bessere Versorgung anzubieten.

Wie die Knappschaft und Desitin heute bekannt gaben, steht das Internet-basierte Dokumentations- und Therapiemanagementsystem EPI-Vista® im Mittelpunkt des IV-Vertrages. Das Pharmaunternehmen bringe diese selbst entwickelte telemedizinische Kommunikationsplattform in das Projekt ein und sorge für die Finanzierung. Außerdem unterstütze Desitin die Vertragspartner durch Marketing- sowie Kommunikationsmaßnahmen und führt die erforderliche Schulung der Vertragsärzte zu EPI-Vista® durch. Ausdrücklich wurde der IV-Vertrag nicht an die Verordnung von Destin-Arzneimitteln gekoppelt – auf einen Rabattvertrag hat man bewusst verzichtet.

Medizinische Leistungserbringer und Partner des IV-Vertrags sind das Norddeutsche Epilepsiezentrum Raisdorf für Kinder und Jugendliche und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel. In den Vertrag können sich Hausärzte und niedergelassene Neuropädiater einschreiben. Sie erhalten pro Fall eine Einmalzahlung von 50 Euro sowie pro Fall und Quartal eine EPI-Vista®-Pauschale von 30 Euro.

Mit EPI-Vista® können Eltern betroffener Kinder in einem elektronischen Patiententagebuch alle krankheitsrelevanten Ereignisse erfassen – etwa die Häufigkeit von Anfällen sowie Wirkungen und Nebenwirkungen der Therapie. Wie die Vertragspartner in einer gemeinsamen Pressemitteilung erläutern, können die Eltern den behandelnden Ärzten sodann Zugriff auf diese Daten gewähren. Die Mediziner können wiederum über das System elektronische Krankenblätter mit Diagnosen, Anfallsarten und Befunden führen. Die synchronisierten Informationen werden anonymisiert und verschlüsselt an einen zentralen Server am Universitätsklinikum Greifswald übertragen und können dort von Patient und Arzt jederzeit in aktualisierter Form abgerufen werden.

Erklärtes Ziel ist, durch die lückenlose Verlaufskontrolle eine optimale Therapie-Einstellung zu erreichen und die Zahl der Arztbesuche zu reduzieren. Denn Fachärzte für die betroffenen Kinder sind rar: So sind in ganz Schleswig-Holstein nur elf Neuropädiater tätig. Die Knappschaft sieht darin einen der Gründe für die Defizite in der Epilepsiebehandlung bei Kindern und Jugendlichen, die mit hohen Folgekosten verbunden ist. „Uns geht es nicht ums Sparen, sondern wir wollen etwas Gutes für unsere Patienten und honorieren auch den Mehraufwand der Ärzte", sagt Karin Agor, Vertragsreferentin der Knappschaft in Hamburg.

Das Hamburger Arzneimittelunternehmen Desitin begründet sein Engagement mit den sich ändernden gesundheitspolitischen Anforderungen an die Pharmaindustrie, die nicht länger als reiner Medikamentenhersteller, sondern als Servicepartner gefordert sei. „Als Anbieter der breitesten Palette von Antiepileptika in Deutschland ist Desitin auch im Servicebereich für Patient und Arzt führend und hat das Ziel, diesen Status weiterhin auszubauen“, betonte der Leiter Healthcare Management bei Desitin, Alexander Fröhlich.

Der Vertrag ist zunächst auf Schleswig-Holstein begrenzt. Die Knappschaft geht davon aus, dass in Schleswig-Holstein bei sehr konservativer Hochrechnung mindestens 2400 Kinder an Epilepsie leiden.


Kirsten Sucker-Sket