Adexa-Umfrage

Zwei Drittel der Apotheker mit ihrem Beruf sehr unzufrieden

Berlin - 12.09.2011, 10:55 Uhr


Die große Mehrheit der Apotheker und des pharmazeutischen Personals sind mit ihrem Arbeitsbedingungen unzufrieden. Mehr noch: Sie würde ihren Kindern oder deren Freunden von einer entsprechenden Ausbildung abraten.

Ein weiteres, ähnlich negatives Urteil: 66 Prozent der Befragten würden nicht mehr ihren jetzigen Apothekenberuf ergreifen. Anstelle dessen fiele ihre Entscheidung heute zugunsten von Medizin, Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Informatik oder Technik aus. Hoch im Kurs stehen auch Berufe des Einzelhandels, der Werbung sowie Betriebswirtschaft oder Psychologie. Weitere Favoriten sind Rechts- oder Lehramtsstudiengänge. Und sollte es dennoch ein Apothekenjob sein, dann bitte in der Verwaltung, der Industrie oder im Krankenhaus, aber ja nicht in der öffentlichen Apotheke, so die Adexa-Umfrage.

Um die Zufriedenheit zu steigern, müsste zumindest der Verdienst steigen. Andere Branchen mit vergleichbarer Ausbildung und ähnlicher Verantwortung zahlen nach Meinung der Befragten weitaus mehr und bieten bessere Aufstiegschancen. Perspektiven und Entwicklungsmöglichkeiten hingegen fehlten in der öffentlichen Apotheke weitestgehend, so die Antworten. An der Online-Umfrage nahmen laut Adexa 277 Apotheker aller Altersgruppen und Berufe teil, darunter 191 angestellte oder selbstständige Apotheker/Innen, 68 PTA und PI sowie 13 PKA; davon 44 Prozent weiblich und 56 Prozent männlich.

Eine Apothekerin beschrieb die Lage laut Adexa so: „Das Gehalt von Angestellten steht in keinem Zusammenhang mit der Ausbildung, unguten Arbeitszeiten etc. Und Apothekenleiter sind in der Regel schlechte, also unprofessionelle Chefs mit schlechten bis keinen Führungsqualitäten.“ Dazu gehöre auch, dass gerade PKA bzw. PTA oft weit unter ihrer Qualifikation beschäftigt würden.

Das ist laut Adexa keine Einzelmeinung: Die Arbeitssituation kommentieren zahlreiche der Befragten als „belastend“ oder „nicht familienfreundlich“, bedingt durch etliche Überstunden, Notdienste, einen schlechten Kündigungsschutz oder ein mieses Betriebsklima. „Ich würde niemandem empfehlen, in kleinen Betrieben zu arbeiten, in denen täglich die Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten werden“, so ein Kollege. Zudem mangele es an Wertschätzung, insbesondere seitens der Politik, der Kassen und anderer Gesundheitsberufe.

Der steigende Verwaltungsaufwand stößt ebenfalls sauer auf. Und so verwundere es nicht, dass sich viele Kollegen/Innen einen Abbau der Bürokratie wünschten, um mehr Zeit für ihre Kunden zu haben. „Apotheker zu sein, ist im Grunde ein wunderschöner Beruf, man weiß so viel aus den unterschiedlichsten Richtungen der Naturwissenschaften. Jedoch ist man in der öffentlichen Apotheke unterfordert, nicht an Arbeit, aber das Wissen kann nicht angewendet werden. Man sitzt nur noch über Schriften bzw. neuen Gesetzen. Oder starrt in den Computer und erzählt den Kunden Tag für Tag das Gleiche“, so eine Approbierte. „Bürokratie und Rabattverträge lassen keine Zeit mehr für das Wesentliche, nämlich die Pharmazie. Uns quälen ständige Existenzängste, ob der Chef nicht nach der nächsten Gesundheitsreform die Apotheke aufgeben muss.“

Deshalb lautet das mehrfach geäußerte Fazit, alle Berufsbilder in öffentlichen Apotheken hätten in dieser Form „keine Zukunft“, seien „nicht mehr attraktiv“ und vom Profil her „nicht mehr zeitgemäß“.


Lothar Klein


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