Verfallsdatum von Arzneimitteln

Dingermann widerspricht Glaeske

Berlin - 09.09.2011, 13:30 Uhr


Die Einnahme von Medikamenten nach Überschreiten ihres Verfallsdatums kann riskant sein und sollte nicht verharmlost werden. Das betont Prof. Dr. Theo Dingermann, Professor für Pharmazeutische Biologie an der Goethe-Universität Frankfurt/Main, und tritt damit Aussagen von Prof. Gerd Glaeske entgegen.

Glaeske hatte diese Woche in der SAT1.Sendung Akte 20.11 unter anderem zum Thema Verfallsdatum von Arzneien geäußert. Er hatte darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Datum um den Zeitpunkt handele, bis zu dem das Arzneimittel optimal wirkt. Es handele sich um eine Empfehlung – es bedeute nicht, dass das Mittel von einem Tag auf den anderen nicht mehr wirke.

Dingermann stellt sich nun gegen eine öffentliche Verharmlosung des Verfallsdatums. Es sei schlicht falsch, Verfallsdaten als Empfehlung zu betrachten und nur bei äußerlich erkennbaren Qualitätsmängeln, wie zerbröckelten Tabletten, auf die Einnahme verfallener Arzneimittel zu verzichten. Dingermann: „Eine Haltbarkeitsangabe zu einem Arzneimittel ist keineswegs eine Kennzeichnung, die auf eine Verpackung aufgedruckt wurde, weil dort noch Platz war. Im Gegenteil: Diese Angabe ist Teil der Zulassung des Arzneimittels, und sie basiert auf umfangreichen experimentellen Daten.“

Die Relevanz und Verbindlichkeit dieser Angabe sei daran erkennbar, dass nach dem Arzneimittelgesetz ein Arzneimittel die Verkehrsfähigkeit unter anderem dann verliert, wenn das Verfallsdatum überschritten ist.

„Ein Geschäftsmodell, wie es unter dem Label 'Nobody is perfect' für Designer erlaubt ist, ist bei Arzneimitteln aus gutem Grund nicht möglich. Zweite Wahl-Arzneimittel gibt es nicht und darf es auch nicht geben“, betont Dingermann. Er sieht es äußerst kritisch, wenn ein von den Medien so stark nachgefragter Arzneimittelexperte die Relevanz des Haltbarkeitsdatums relativiert. Dies werde von vielen Menschen so verstanden, dass man diese Angabe tatsächlich auch ignorieren könne. „Aus pharmazeutischer Sicht ist dies völlig inakzeptabel und aus rechtlicher Sicht derzeit auch nicht haltbar“, so Dingermann.


Kirsten Sucker-Sket