Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern

Parteien lassen Apotheker links liegen

Berlin - 02.09.2011, 11:16 Uhr


1,4 Millionen Bürger in Mecklenburg-Vorpommern sind am Sonntag im norddeutschen Bundesland zur Wahl aufgerufen - darunter 1100 Apotheker. Der Wahlkampf verlief unspektakulär. Gesundheitspolitik spielte nur am Rande eine Rolle.

Entsprechend frustriert reagierte die Apothekenkammer Mecklenburg-Vorpommern auf den Wahlkampf. Der Kammervorstand beschloss, sich erst gar nicht in den Wahlkampf einzumischen, gar nicht erst auf die Landespolitiker einzugehen: „Das bringt doch nichts, das ist verschwendete Zeit“, kommentierte Kammer-Geschäftsführer Dr. Falk Wilhelm gegenüber DAZ.online: „Die Parteien versprechen im Wahlkampf doch alles.“

Dabei drücken die Apothekenprobleme in Mecklenburg-Vorpommern besonders: Die bekannte Urlaubsregion ist das Land mit den im Bundesschnitt höchsten Arzneimittelausgaben, mit der ältesten und kränksten Bevölkerung, so Wilhelm. „Da schlägt die Kostendämpfungspolitik der Bundesregierung viel stärker durch wegen der hohen GKV-Lastigkeit“. Darunter leiden auch die Apotheker des Landes. 410 öffentliche Apotheken gibt es in Mecklenburg-Vorpommern bei 1,7 Millionen Einwohner. Das sind weniger Apotheken als in Hamburg. Wilhelm: „Das AMNOG schlägt bei uns voll durch.“ Es gebe erhebliche Umsatz- und Gewinneinbrüche. 

Mit der Apothekenaufsicht des Landes im Schweriner Sozialministerium arbeite die Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern gut zusammen, so Wilhelm. Doch in den Wahlprogrammen der wichtigen Parteien zur Landtagswahl 2011 findet sich nirgendwo das Wort Apotheke. SPD, CDU, Grüne und FDP und Die Linke haben in ihren Wahlprogrammen allenfalls die medizinische Versorgung auf dem Land im Blick. Da geht es um die Förderung von Landarztpraxen, um die Rekommunalisierung von Krankenhäusern und Ähnliches.

Pick-up-Stellen, Fremd- und Mehrbesitz, die Rolle des Versandhandels von Arzneimittel, das alles spielt in der Landespolitik keine Rolle. Auch Kammergeschäftsführer Dr. Falk Wilhelm kann sich an keine Aussage zu apothekenspezifischen Themen erinnern. Offenbar sind die Apotheker des Landes für die politischen Parteien keine relevante Zielgruppe.

Damit gab sich DAZ.online nicht zufrieden und hat nachgehakt: Auf Anfrage erklärte der  CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Harry Glawe: „Die CDU Mecklenburg-Vorpommern hat hier keine andere Meinung als die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Für uns als Flächenland mit einer extrem geringen Siedlungsdichte und einer immer älter werdenden Bevölkerung ist wichtig, dass auch in Zukunft eine wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln durch den Apotheker vor Ort in der Fläche erfolgt. Dies können der Versandhandel und Pick-up-Stellen nicht leisten. Auch ist der Bereitschaftsdienst nur durch die zahlreichen Apotheker vor Ort flächendeckend zu gewährleisten. Daher sehen wir für Mecklenburg-Vorpommern die Zukunft weiterhin in der Apotheke in eigener Niederlassung mit bis zu drei Filialen. Hierzu gilt es auch in Zukunft, die Freiberuflichkeit zu stärken und zu erhalten.“

Glaubt man den Umfragen zur Landtagswahl, wird SPD-Ministerpräsident Erwin Sellering sein eigener Nachfolger. Die SPD dürfte rund fünf Prozent auf 35 Prozent hinzugewinnen. Die CDU verharrt bei 28 Prozent. Die Linken ebenfalls bei knapp 17 Prozent, sodass sich Sellering den Koalitionspartner aussuchen kann: entweder wieder eine große Koalition mit der CDU oder ein rot-rotes Bündnis schmieden. Der FDP drohen laut Umfragen im Schweriner Landtag eine Halbierung und das Aus. Die Grünen können mit einer Verdopplung auf acht Prozent auf ihren Einzug in den Landtag bauen.      


Lothar Klein