Impfstoffe

SplitCore-Partikel verbessern Immunantwort

Freiburg - 24.07.2011, 10:47 Uhr


Forscher des Universitätsklinikums Freiburg entwickeln mit nanomolekularen SplitCore-Partikeln aus Hepatitis-B-Kapsidproteinen eine innovative Technologie, die den Weg für eine neue Generation von Impfstoffen frei macht.

Unabdingbar für den Impferfolg ist die Wahl des richtigen Antigens und sein Vorliegen in derselben räumlichen Struktur wie auf dem Erreger selbst. Das Immunsystem reagiert darauf mit der Bildung passender Antikörper, die wiederum bei einer tatsächlichen Infektion den Erreger sofort erkennen und dessen Ausbreitung verhindern - im besten Fall. Denn oft reagiert das Immunsystem gar nicht auf Antigene und bildet auch keinen Schutz gegen einen späteren Angriff echter Viren. Der Grund: In isolierter Form lösen die meisten Antigene nur sehr schwache Immunantworten aus.

Eine Gruppe Freiburger Molekularvirologen hat nun eine Möglichkeit entdeckt, dieses Problem zu umgehen. Die Forscher haben eine neue Technologie entwickelt, mit deren Hilfe vielfältigste Antigene aus unterschiedlichen Erregern in eine impfstoffgeeignete Form gebracht werden können. Dazu werden vielfache Kopien eines Antigens auf nanomolekulare virale Trägerpartikel aufgebracht, die eine starke Immunantwort auslösen, so genannte SplitCore-Partikel. Diese Trägerpartikel haben eine besonders starke immunstimulierende Wirkung und sind deshalb eine perfekte Präsentationsplattform für viele Antigene. So wird die gewünschte Immunantwort ausgelöst – und ein Impfschutz entsteht.

SplitCore sind Proteinhüllen von Viren, in diesem Fall Kapside des Hepatitis-B-Virus (HBV). Bislang war es technisch möglich, kurze Fremdproteine in die Aminosäuresequenz des Kapsidproteins einzufügen, ohne die Partikelbildung zu stören - und tatsächlich lösen die modifizierten Partikel eine starke Immunantwort gegen die Fremdsequenz aus. Allerdings sind solche kurzen Peptide als Impfstoffe wenig geeignet, da sie nur einen ganz kleinen Teil des Antigens abbilden. Ideal wäre daher, stattdessen das gesamte Protein-Antigen - oft mehrere hundert Aminosäuren lang und mit komplexer dreidimensionaler Struktur - auf den Trägerpartikeln zu präsentieren. Hierzu müssen aber Anfang und Ende der zu präsentierenden Proteinkette in die Struktur des Trägerproteins passen, ohne dass die Struktur von Träger und Fremdprotein gestört wird - was fast nie der Fall ist.

Genau dieses Problem konnten die Freiburger Forscher jetzt lösen. Erstmals zeigten sie, dass ein in zwei Hälften geteiltes HBV-Kapsidprotein („SplitCore“) noch spontan Partikel bildet. Die Insertionsstelle für Fremdproteine auf der Partikeloberfläche ist nun offen, die Fremdproteinkette muss nur noch über eines ihrer Enden mit dem Träger verknüpft werden. Dies unterbindet die bei der konventionellen beidseitigen Verknüpfung praktisch unvermeidlichen sterischen Spannungen, die bisher die erfolgreiche Präsentation der meisten Proteinantigene auf den Nanopartikeln verhinderten. Mit der neuen Technologie können nun die vielfältigsten Proteinantigene aus unterschiedlichsten Erregern in eine impfstoffgeeignete Form gebracht werden.

Beispielhaft zeigte die Forschergruppe dies an Antigenen der Erreger von Lyme-Borreliose und Malaria. Sie konnten im Tiermodell zeigen, dass die Impfung mit den modifizierten Partikeln tatsächlich vor Borreliose schützt. Auch gelang der Nachweis, dass mit einem Malaria-Antigen modifizierte Partikel in Mäusen starke malariaspezifische Immunantworten auslösen.

Darüber hinaus können mit der neuen Technologie zum Beispiel auch fluoreszierende Partikel hergestellt werden, die zusätzliche Erkennungsmodule auf ihrer Oberfläche tragen, die das Andocken an spezifische Zielstrukturen ermöglichen und diese so sichtbar machen.

Auf der Grundlage dieser Entdeckung könnte künftig eine neue Generation von Impfstoffen hergestellt werden, die den gewünschten Immunschutz hervorrufen. Aufgrund der zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten für neue Impfstoffe, aber auch in Diagnostik und Grundlagenforschung, hat das Universitätsklinikum Freiburg ein Patent auf die neue Technologie angemeldet.

Literatur:Walker, A., et al.: Sci. Rep. 2011, Online-Publikation DOI: 10.1038/srep00005


Dr. Beatrice Rall