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Bahr: „Eine Apotheke light will ich auch nicht!“

22.07.2011, 15:55 Uhr


Auf dem DAZ-Jubiläumskongress zeigte sich Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) erneut als Verfechter der inhabergeführten Apotheke. In der berufspolitischen Diskussionsrunde am 1. Juli in Berlin betonte er aber auch, dass es niemals möglich sein werde, ein Gesundheitswesen zu schaffen, das alle glücklich macht.

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Bahr erneute weiterhin sein Bekenntnis zur Freiberuflichkeit, das man von ihm aus Oppositionszeiten kennt. Es gebe ein klares Plädoyer der Regierungskoalition für die inhabergeführte Apotheke – und das selbst gegen viel Kritik.

Was das in mehreren Anläufen gescheiterte Pick-up-Verbot betrifft, zeigte sich der Gesundheitsminister offen: "Ich bin jeden Tag bereit dazu, Pick up zu unterbinden". Bahr ist auch weiterhin der Überzeugung, dass ein Verbot mit dem von der FDP-Bundestagsfraktion vorgelegten Antrag "machbar" wäre. Dass es entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag doch nicht geklappt hat, liege daran, dass er im Kabinett keine Mehrheit hierfür bekomme. Es waren maßgeblich das Justiz- und das Innenministerium, die verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Verbot anmeldeten. Bahr appellierte an die ABDA, einen Vorschlag für ein Pick-up-Verbot auf den Tisch zu legen. Dem ABDA-Präsidenten Heinz-Günter Wolf versicherte Bahr, er bekomme sofort einen Termin im Bundesgesundheits­ministerium, wenn er einen Vorschlag habe – das wisse Wolf auch.

Wolf konnte direkt auf Bahr reagieren: "Wir sind nach wie vor der Meinung, kein Mensch braucht diese Pick-up-Stellen", betonte er. Sie seien Teil eines Geschäftsmodells, das zu über 80 Prozent mit Konzernapotheken aus dem Ausland verbunden sei. Auch er freue sich, dass die Länderministerrunde das Thema aufgegriffen und einstimmig für ein Pick-up-Verbot votiert habe. Dies sei eine "ganz klare Aufforderung, einen neuen Anlauf zu nehmen, gemeinsam nach einer Formulierung zu suchen und diese auch zu finden." Dabei müsse man aber "höllisch aufpassen", dass man nicht aus Versehen eine "Apotheke light", wie es sie etwa schon in Italien gebe, installiere.

Mit Blick auf die anstehende Novelle der Apothekenbetriebsordnung kritisierte Brauer, es werde einerseits mehr Beratung und Qualität gefordert, anderseits finde aber eine "organisierte Chaotisierung der Apothekenstrukturen" statt: Es gebe dann Versandapotheken, Vollapotheken, Filialapotheken, mit oder ohne Rezeptur, es gebe dann Notdienst- und Nichtnotdienst­apotheken, Apotheken mit und ohne Labor – ungleiche Anforderungen bei gleichen Sachverhalten. ADBA-Präsident Wolf erklärte, er könne sich auch nicht vorstellen, dass dies die Absicht des Ministeriums sei. Es sei doch klar, dass jede Apotheke voll arbeitsfähig sein müsse: "Sie muss ein Labor haben, sie muss Rezepturen und Notdienst machen können." Es dürfe keine Apotheken erster und zweiter Klasse geben. Bahr erklärte daraufhin, die Debatte über die neue Apothekenbetriebsordnung sei noch nicht abgeschlossen: "Wir befinden uns mitten im Diskussionsprozess." Er glaube aber, dass sich die Realität inzwischen verändert habe. Dieser Realität könne man näher kommen, indem man einige Vorgaben abbaut. So sei etwa die Pflicht ein Labor zu führen für viele Apotheken eine Belastung. In Städten mit Filialapotheken könne man das auch anders organisieren.


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