Leberstoffwechsel

Glucocorticoide steuern Gallensäure-Recycling

Heidelberg - 18.07.2011, 08:50 Uhr


An Mäusen, bei deren Leberzellen die Glucocortiodrezeptoren defekt sind, entdeckten Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum: Diese Hormone sind verantwortlich dafür, dass die Leber Gallensäuren aus dem Blut zurückgewinnt.

Ist dieses Recycling gestört, leiden die Tiere unter Gallensteinen und verlieren Gewicht, da sie keine Nahrungsfette mehr verwerten können. Außerdem verbrauchen sie mehr Energie zur Wärmeproduktion. Die Forscher vermuten, dass die Regulation des Recyclings dazu dient, in Mangelzeiten effizient Energie zu erhalten.

Ein fein austariertes Regelsystem stellt sicher, dass immer genau die erforderliche Menge Gallenflüssigkeit in der Gallenblase vorrätig ist. Bei Hunger schüttet der Körper das Hormon Cortisol aus. Leberzellen nehmen das Signal über ihre Glucocorticoidrezeptoren wahr und reagieren, indem sie die Gallenblase mit Gallenflüssigkeit füllen und so die bevorstehende Nahrungsaufnahme vorbereiten. Direkt beim Essen wird die Galle in den Darm ausgeschüttet.

Die in der Gallenflüssigkeit enthaltenen Gallensäuren emulgieren die Fette zu feinsten Tröpfchen, die abgebaut werden können. 95 Prozent der Gallensäuren gewinnt der Köper aus dem Darminhalt zurück: Sie werden von Zellen der Darmschleimhaut aufgenommen und über das Blut zurück in die Leber transportiert.

Die Heidelberger Forscher haben jetzt herausgefunden, dass dieses Recycling unter der Kontrolle des Hormons Cortisol steht. Dazu verwendeten sie Mäuse, denen der Glucocorticoidrezeptor spezifisch in den Leberzellen fehlt. Das bedeutet, dass die Hormonsignale in der Leber gleichsam ins Leere laufen. Im Hungerzustand enthielt die Gallenflüssigkeit der veränderten Tiere deutlich weniger Gallensäuren als die ihrer normalen Artgenossen. Dadurch verringerte sich gleichzeitig die Löslichkeit des Cholesterins in der Galle, so dass sich vermehrt Gallensteine bildeten. Im Vergleich zu ihren Artgenossen mit intaktem Glucocorticoidrezeptor nahmen die genveränderten Mäuse an Gewicht ab, da sie Fette aus der Nahrung unverdaut und ungenutzt ausschieden.

Die Forscher fanden auch die Ursache für die verringerte Säurekonzentration in der Galle: Bei den veränderten Tieren ist die Leistungsfähigkeit der Transportproteine eingeschränkt, mit denen Leberzellen Gallensäuren aus dem Blut aufnehmen. Als Folge bleiben bei diesen Mäusen die Gallensäuren im Blut zurück. Im Blut jedoch wirken die Gallensäuren hormonähnlich auf verschiedene Gewebe. Unter anderem regen sie das braune Fettgewebe zur gesteigerten Wärmebildung an.

Um herauszufinden, ob sich Cortisol auch beim Menschen auf das Gallensäuren-Recycling auswirkt, untersuchten die Heidelberger Wissenschaftler Blutproben von Patienten, die an der seltenen Addison’schen Krankheit leiden. Bei dieser Erkrankung zerstört das Immunsystem die Nebennieren, als Folge leiden die Patienten unter Cortisolmangel. In Blutproben, die den Patienten vor und nach den Mahlzeiten abgenommen wurden, entdeckten die Forscher, dass auch bei Menschen ohne Cortisol das Gallensäuren-Recycling in der Leber gestört ist.

Die präzise Regulation des Gallensäuren-Recyclings könnte biologisch sinnvoll sein, denn der Rücktransport von Gallensäuren im Hungerzustand schützt den Körper in Zeiten des Mangels vor Energieverschwendung: Sinkt unter Einfluss von Glucorticoiden der Gallensäurespiegel im Blut, produziert das braune Fettgewebe weniger Wärme – der Körper spart seine Energiereserven für lebenswichtige Funktionen. Gleichzeitig verhindert dieser Mechanismus die Ausbildung von Gallensteinen und sorgt für eine effiziente Energieaufnahme im Darm.

Literatur: Rose, A. J., et al.: Cell Metabolism 2011;14(1):123-30.


Dr. Bettina Hellwig


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