Klimawandel

Die asiatische Tigermücke verbreitet sich in Europa

Bayreuth - 20.06.2011, 10:46 Uhr


Die mit dem Klimawandel verbundene Erwärmung fördert die Ausbreitung von Arten, die als Krankheitsüberträger wirken. So ist zu erwarten, dass die asiatische Tigermücke, die tropische Krankheiten wie Dengue- und Chikungunyafieber auf Menschen übertragen kann, weiter nach Europa vordringt.

Zunächst werden der Nordwesten der Iberischen Halbinsel, der Südwesten Frankreichs und größere Bereiche Norditaliens mit hoher Wahrscheinlichkeit von dieser Entwicklung betroffen sein. Auch in küstenfernen Regionen West- und Mitteleuropas werden Lebensräume für die Tigermücke entstehen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Forschungsgruppe an der Universität Bayreuth in einer neuen Studie.

Ausgehend von ihrer Ursprungsregion Südostasien, hat sich die asiatische Tigermücke (lateinisch: Aedes albopictus) mit dem weltweiten Handel von Waren in nahezu alle Kontinente ausgebreitet. Mittlerweile hat sie auch Europa erreicht. 2007 kam es in der Folge zu einem Chikungunya-Ausbruch in Norditalien, 2010 zu mehreren Fällen von Dengue-Fieber in Frankreich und Kroatien. Wenn sich die klimatischen Verhältnisse in Europa auch künftig zu Gunsten der Tigermücke und anderer krankheitsübertragender Insekten entwickeln, steigt das Risiko einer Ausbreitung tropischer Krankheiten in Europa.

Wissenschaftler der Universität Bayreuth arbeiten mit Modellen, welche die Klimaansprüche krankheitsübertragender Insekten und die geographischen Gegebenheiten Europas berücksichtigen. Mithilfe dieser Modelle lassen sich diejenigen Regionen identifizieren, in denen künftig ein besonders hohes Risiko für eine weitere Ausbreitung der Tigermücke entsteht. Die Forschungsarbeiten sind Teil des vom Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit finanzierten Forschungsverbundes VICCI („Vector-borne infectious diseases in climate change investigations“).

Für Projektionen des Klimawandels im 21. Jahrhundert wurden – im Hinblick auf den künftigen Anstieg der Emissionen klimawirksamer Treibhausgase – zwei unterschiedliche Szenarien zugrunde gelegt: Im einen Fall steht ein ökonomischer und technologischer Wandel bevor, der in relativ kurzer Zeit in eine ausgewogene Nutzung von fossilen und nicht-fossilen Energiequellen mündet. Im anderen Fall bildet sich schon bald eine auf Informationsdienstleistungen gegründete Volkswirtschaft heraus, der es gelingt, anhaltendes Wirtschaftswachstum mit ressourceneffizienten Technologien zu verbinden.

In Abhängigkeit von den jeweils verwendeten Methoden und Zukunftsszenarien weichen die Prognosen im Detail voneinander ab. Allerdings kristallisiert sich in den Arbeiten der Bayreuther Biogeografen ein zunehmend verlässliches Bild heraus: Zumindest in den nächsten Jahrzehnten werden um das Mittelmeer herum attraktive Klimabedingungen für die Asiatische Tigermücke bestehen bleiben. Zugleich werden sich die klimatischen Verhältnisse in Europa so ändern, dass vor allem der Nordwesten der Iberischen Halbinsel, der Südwesten Frankreichs und Norditalien der Tigermücke größere Lebensräume bieten werden. Bis Mitte des Jahrhunderts entwickeln sich dann auch größere Bereiche Deutschlands zu potenziellen Lebensräumen dieser Insektenart. Für das Ende des 21. Jahrhunderts wird erwartet, dass die Tigermücke in weiten Teilen West- und Mitteleuropas, bis zur Ukraine, günstige klimatische Lebensbedingungen vorfinden wird.

Aus diesen Ergebnissen lässt sich allerdings nicht zwingend ableiten, dass die Asiatische Tigermücke künftig in allen klimatisch attraktiven Lebensräumen auch tatsächlich heimisch wird. Und selbst wenn sie in Europa weiter nach Norden und Osten hin vordringt, muss dies nicht bedeuten, dass sie überall als Krankheitsüberträger wirksam wird. Entscheidend ist dann, ob die in den Mücken transportierten Viren mit den künftigen Klimabedingungen und insbesondere mit zunehmenden Klimaschwankungen zurecht kommen. Gleichwohl liefern die jetzt veröffentlichten Prognosen wichtige Anknüpfungspunkte für präventive Maßnahmen, angesichts der möglichen klimabedingten Ausbreitung exotischer Infektionskrankheiten in Europa.

Literatur: Fischer, D., et al.: Global and Planetary Change 2011, Online-Vorabpublikation DOI: 10.1016/j.gloplacha.2011.05.008.


Dr. Bettina Hellwig