Fäkale Bakteriotherapie

Mit "gesundem" Kot gegen lebensgefährliche Kolitis

Baltimore - 09.06.2011, 16:48 Uhr


Während EHEC in Deutschland sein Unwesen treibt, nehmen in den USA Infektionen mit dem pathogenen Darmbakterium Clostridium difficile pandemische Ausmaße an. Ein hypervirulenter Stamm namens NAP1 verursacht zahlreiche Todesfälle. Vielen Patienten ist nur durch eine chirurgische Entfernung des größten Teils ihres Kolons zu helfen. Hoffnungen richten sich auf neue Antibiotika und die fäkale Bakteriotherapie.

„Clostridium difficile ist der häufigste Erreger nosokomial erworbener, Antibiotika-assoziierter Durchfallerkrankungen und häufigster Auslöser der pseudomembranösen Enterokolitis“ (Andreas Günther, Diss. med., Münster 2010). Was für Deutschland gilt, ist in den USA von besonderer Brisanz, weil Infektionen mit dem hypervirulenten Stamm NAP1 (NAP = North American pulsotype) bei vielen Patienten eine subtotale Resektion des Kolons erforderlich machen und nicht selten zum Tode führen. Der Stamm NAP1 ist wahrscheinlich durch den exzessiven Einsatz von Fluorchinolonen unfreiwillig in den Kliniken gezüchtet worden. Wenn die Darmflora durch eine längere Antibiotikatherapie geschädigt ist, breitet sich dort C. difficile aus und verursacht eine Antibiotika-assoziierte oder pseudomembranöse Kolitis. Dabei kann es zum toxischen Megakolon oder zur Perforation des Kolons kommen. Weitere Komplikation von NAP1 sind Leukozytose, akutes Nierenversagen und hämodynamische Instabilität.

Das wirksamste Antibiotikum gegen C. difficile ist, einer aktuellen Studie zufolge, Vancomycin. Vielen Patienten könnte jedoch nur mit neuen Antibiotika geholfen werden, die noch nicht zur Verfügung stehen. Sie müssen deshalb chirurgisch behandelt werden.

Neuerdings gibt es jedoch eine neue Therapieoption: die fäkale Bakteriotherapie. Durch eine Magen-Darm-Sonde wird dem Patienten der Kot eines gesunden Menschen appliziert, damit sich im Kolon wieder eine gesunde Mikroflora bildet. Dieses Verfahren wird als „fecal transplant“ bezeichnet und wurde schon bei einigen Patienten erfolgreich durchgeführt, z.B. im Sinai Hospital in Baltimore. Um die Evidenz des Verfahrens wissenschaftlich zu belegen, begann Anfang dieses Monats in den USA eine klinische Studie.

Quelle: Pant C, et al. Cllinical approach to severe Clostridium difficile infection: Update for the hospital practitioner. Eur J Intern Med; doi: 10.1016/j.ejim.2011.04.009.


Dr. Wolfgang Caesar