EHEC-Keime

RKI warnt vor Salat, Tomaten und Gurken

Berlin - 26.05.2011, 07:15 Uhr


Das Robert-Koch-Institut warnt davor, rohe Tomaten, Salatgurken und Blattsalate aus Norddeutschland zu essen. Eine Studie habe gezeigt, dass mit enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC) Infizierte diese Sorten deutlich häufiger gegessen hätten als gesunde Vergleichspersonen, hieß es am Mittwochabend.

Die Darminfektion mit EHEC kann zum hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), einer schweren, unter Umständen tödlichen Komplikation führen. Den RKI-Angaben zufolge könnte nur eines oder mehrere der genannten Gemüsesorten mit der EHEC-Welle zusammenhängen. Aber auch andere Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Käse kommen nach wie vor als Infektionsquelle infrage – auch wenn dort noch keine EHEC-Keime nachgewiesen wurden. Und so wird weiter fieberhaft nach dem Auslöser für die lebensbedrohliche Erkrankung gesucht. RKI-Chef Reinhard Burger glaubt, dass die Infektionszahlen abflauen werden, wenn das bakterienhaltige Lebensmittel gefunden sei.

Derzeit erlebt Deutschland den stärksten je registrierten EHEC-Ausbruch. Es gebe so viele Erkrankte pro Woche wie sonst in einem Jahr, sagte Burger. Zwei Drittel der Betroffenen seien Frauen. Beim aktuellen Krankheitsausbruch sind mindestens zwei Frauen nachweislich durch den Erreger gestorben. In weiteren Fällen besteht der Verdacht, dass EHEC die Todesursache ist.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) nannte die Ausbreitung „besorgniserregend“. Am Mittwoch waren mehr als 600 Fälle registriert, von denen aber noch nicht alle bestätigt sind – am Dienstag waren es noch etwa 460. Die Zahl der besonders schweren Krankheitsverläufe (HUS) mit blutigem Durchfall und Nierenversagen ist laut RKI auf mindestens 140 gestiegen.

Meldungen über bestätigte Infektionen oder Verdachtsfälle kommen mittlerweile aus 15 der 16 Bundesländer – nur Rheinland-Pfalz hat noch keinen Fall gemeldet. Der Schwerpunkt der Infektionen liegt in Norddeutschland. Am stärksten betroffen ist derzeit Hamburg. Für den Stadtstaat und Schleswig-Holstein meldeten die Behörden zusammen mehr als 400 Erkrankungen und Verdachtsfälle. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) befürchtet, dass dort infizierte Patienten sterben werden. „Wir müssen damit rechnen, Patienten zu verlieren“, sagte der Nierenspezialist Rolf Stahl. Den Angaben zufolge werden derzeit 33 Erwachsene und 14 Kinder behandelt.

Wegen der EHEC-Epidemie in Deutschland könnte bald europaweit die Alarmstufe 1 ausgerufen werden. Dies sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im EU-Parlament, Jo Leinen (SPD), der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag). „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der gefährliche EHEC-Erreger auch auf andere EU-Länder überspringt.“ Bei der Alarmstufe 1 werden alle EU-Staaten aufgerufen, Maßnahmen zum Schutz ihrer Bevölkerungen einzuleiten, hieß es.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und seine Kabinettskollegin Aigner riefen alle Bürger dazu auf, besonders auf die Einhaltung von Hygieneregeln zu achten: Obst und Gemüse sollten intensiv gereinigt werden. „Wenn es erste Anzeichen (...) von blutigem Durchfall gibt, sollten die Bürgerinnen und Bürger schnell einen Arzt aufsuchen“, so Bahr Dem Vorschlag des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, einen Krisenstab einzurichten, erteilten die Minister eine Absage. Dafür gebe es keinen Anlass.


dpa