Medizinische Biotechnologie

Sattes Umsatzplus bei Biopharmazeutika

Berlin - 05.05.2011, 11:48 Uhr


Die biopharmazeutische Industrie boomt: In Deutschland ist der Umsatz mit gentechnisch hergestellten Medikamenten 2010 im Vergleich zum Vorjahr um rund 8 Prozent auf knapp 4,9 Mrd. Euro gestiegen. Dies geht aus dem aktuellen Branchenreport „Medizinische Biotechnologie 2011“ hervor, den der vfa bio heute vorgestellt hat.

Grund für das Wachstum seien nicht etwa steigende Preise sondern ein erhöhter medizinischer Bedarf, erklärte Dr. Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio – einer Interessengruppe im Verband forschender Pharmaunternehmen – und CEO der MediGene AG: „Die neuen Biopharmazeutika der letzten Jahre haben beeindruckend bewiesen, wie gut sie Patienten helfen können. Deshalb erhielten mehr Patienten diese Medikamente als in den Jahren zuvor“.

Für 2011 rechnet man beim vfa bio mit einem deutlichen Abflachen des Wachstums. Während der im Sommer 2010 von sechs auf 16 Prozent erhöhte Herstellerrabatt 2010 nur ein halbes Jahr die Umsätze drückte, wird er 2011 ganzjährig wirken. Zudem werden in diesem Jahr auch die privaten Kassen von dem Zwangsabschlag profitieren. Mathias erklärte, 2010 seien durch den erhöhten Rabatt bereits 310 Mio. Euro des Umsatzes an die gesetzlichen Krankenkassen geflossen.

Dennoch: Die Zahl der Biotechunternehmen in Deutschland ist 2010 auf 383 gewachsen, auch die Mitarbeiterzahl stieg um 2 Prozent auf mehr als 35.000. „Damit bleibt die medizinische Biotechnologie in Deutschland mit ihren hoch qualifizierten Mitarbeitern ein wichtiger Innovationstreiber“, so Mathias.

Zwar kamen im letzten Jahr mit sechs Präparaten relativ wenig biotechnologische Neuzulassungen auf den Markt – doch die Pipeline der Unternehmen ist gefüllt. Bereits im Zulassungsverfahren befinden sich derzeit neun Präparate gegen schwere oder seltene Erkrankungen. Rund 500 Kandidaten tummeln sich in den verschiedenen Stufen der klinischen Studien. In Phase III befinden sich allein 99 Präparate – das sind 13 Prozent mehr als 2009. Vor allem Arzneimittel zur Behandlung von Krebserkrankungen (143) sowie biotechnologisch bzw. gentechnisch hergestellte Impfstoffe (129) finden sich in der Pipeline. Wie viele dieser Innovationen aber letztlich den Patienten erreichen werden, ist laut Mathias nicht nur von den Studienergebnissen abhängig. Es muss sich nunmehr auch zeigen, wie die Präparate nach der Zulassung die Hürden für ihre Erstattung nehmen werden. Allerdings ist Mathias zuversichtlich, dass die Mittel ihren Nutzen auch in der neuen frühen Nutzenbewertung unter Beweis werden stellen können.

Besonders viel verspricht sich die Branche von der personalisierten Medizin. Hier werden bestimmte Medikamente erst nach einem diagnostischen Vortest eingesetzt. Dadurch sollen Non-Responder sowie Patienten, die durch das Medikament mit problematische Nebenwirkungen befürchten müssen, zuvor „aussortiert“ werden. „Der richtige Patient bekommt richtige Therapie – das sorgt auch für Kosteneffizienz“, betonte Mathias. Derzeit sind in Deutschland 20 Arzneimittel im Einsatz, die einen vorherigen Gentest vorschreiben, bei vier weiteren wird er empfohlen. 16 dieser insgesamt 20 Präparate werden in der Onkologie angewandt. Die personalisierte Medizin führt dazu, dass die Unternehmen nicht nur Arzneimittel, sondern parallel auch die Vortests entwickeln – sei es in Kooperation mit Diagnostikfirmen oder ihren eigenen Diagnostik-Sparten. Mathias spricht von „Tandems“. Der Wert dieser „Tandems“ müsse aber auch bei der frühen Nutzenbewertung der Präparate anerkannt und honoriert werden.

Die Studie „Medizinische Biotechnologie 2011“ wurde von der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG) für vfa bio erstellt. Sie gibt einen Überblick über die aktuellen Wirtschaftsdaten der Biopharmabranche und analysiert ihre Aktivitäten.


Kirsten Sucker-Sket