Übergewicht

Bei Frauen verändert sich die Gehirnstruktur

Leipzig - 25.04.2011, 07:31 Uhr


Studien der letzten Jahre ergaben, dass Menschen mit stark erhöhtem Gewicht ein geringeres Gehirnvolumen und eine verringerte Gewebedichte in der grauen Substanz haben. Leipziger Forscher haben nun erstmals geschlechtsspezifische Unterschiede festgestellt.

Die Forscher untersuchten die Gehirne von normalgewichtigen bis stark übergewichtigen Frauen und Männern mithilfe diffusionsgewichteter Magnetresonanztomographie (MRT). Mit dieser Methode lassen sich Bewegungen der Wassermoleküle im Gehirn erfassen, die von Barrieren im Gewebe – wie etwa den Nervenfasern – beeinflusst werden. Die Technik ist deshalb besonders geeignet, um die weiße Substanz zu untersuchen, in der sich die Nervenfasern befinden. Diese bestehen aus den signalübertragenden Fortsätzen der Nervenzellen, den Axonen, und einer mehrlagigen isolierenden Membranschicht, dem Myelin.

Wenn sich die Beweglichkeit der Wassermoleküle im Hirngewebe auf bestimmte Weise verändert, kann das darauf hinweisen, dass Axone oder Myelin geschädigt sind. Genau diese Veränderungen traten im Corpus callosum auf, einer Struktur aus etwa 250 Millionen Nervenfasern, die linke und rechte Hirnhälfte miteinander verbindet.

Die Beweglichkeit des Wassers war bei zunehmendem BMI sowohl entlang der Nervenfasern als auch senkrecht zu ihnen verändert. Dabei stellten die Forscher bei beiden Geschlechtern eine verlangsamte Diffusion in Faserrichtung fest. Nur bei den Frauen zeigte sich zudem auch eine erhöhte Beweglichkeit senkrecht zur Faserrichtung. Beide Befunde könnten auf – möglicherweise unterschiedliche – Degenerationsprozesse hinweisen.

Die Diffusionsunterschiede, die ähnlich auch im Zusammenhang mit vorzeitiger Alterung des Gewebes zu beobachten sind, waren bei den weiblichen Versuchspersonen ausgeprägter und betrafen größere Teile des Corpus callosum. Es ist das erste Mal, dass bei der Wirkung von Übergewicht auf das Gehirn systematische Unterschiede zwischen den Geschlechtern nachgewiesen werden konnten. Dies könnte, so die Forscher, möglicherweise damit zusammenhängen, dass die Faserverknüpfungen zwischen den Hirnhälften bei Männern und Frauen insgesamt Unterschiede zeigen.

Noch lasse sich aus den Daten jedoch nicht ableiten, welche mikrostrukturellen Veränderungen tatsächlich vorliegen. Weitere Studien sollen dies in den nächsten Jahren aufklären.

Quelle: Mueller, K. et al.: PLoS ONE 6(4): e18544. Online doi:10.1371/journal.pone.0018544


Dr. Bettina Hellwig