Lasersysteme

Operieren ohne Skalpell

Nürnberg - 15.04.2011, 08:06 Uhr


Ein interdisziplinäres Team aus Ärzten, Ingenieuren, Mathematikern und Physikern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg forscht jetzt gemeinsam nach einer Möglichkeit, den Laser bei Operationen besser steuern zu können.

Haut, Muskeln, Nerven und selbst Knochen: Messerscharf und äußerst präzise kann der Chirurg bei einer Operation mit einem Laser jedes Gewebe durchtrennen, ohne den Patienten auch nur zu berühren. Wie tief der Laser in das Gewebe eindringt und was er zerschneidet, kann der Arzt allerdings nicht kontrollieren und muss somit häufig auf dessen Einsatz verzichten.

Das Ziel der Forscher ist es, einen optischen Feedbackmechanismus zu entwickeln, der dem Arzt mitteilt, welche Gewebeschichten der Laser durchtrennt. Dazu wollen die Wissenschaftler zwei optische Systeme einsetzen, die bei einer Operation parallel arbeiten: Während der Laser Gewebe schneidet, macht er immer wieder kurze Pausen. Diese Pausen nutzt eines der optischen Systeme, um per diffus reflektierten Lichtes und Fluoreszenz zu ermitteln, welches Gewebe der Laser unmittelbar als nächstes durchtrennen wird. Das andere optische System analysiert die beim Laserabtrag entstehende Plasma- und Partikelwolke, um zu erkennen, welches Gewebe unmittelbar zuvor durchtrennt wurde. Diese Doppelstrategie soll sicherstellen, dass die Chirurgen ausschließlich das geplante Gewebe durchtrennen und umliegendes Gewebe nicht durch zu tiefe oder an falscher Stelle eingesetzte Laser-Schnitte irreparabel verletzen.

Als erstes müssen die Forscher ermitteln, ob es mit optischen Methoden überhaupt möglich ist, verschiedene Gewebearten voneinander zu unterscheiden. So reflektiert beispielsweise Nervengewebe Licht auf andere Weise und weist ein anderes Fluoreszenzspektrum auf als Muskel- oder Fettgewebe. Das heißt, dass bei unverändertem Gewebe die Gewebe-Erkennung mit einem optischen System funktioniert. Anders könnte es bei Gewebe sein, das bereits mit einem Laser bearbeitet wurde. Durch die hohe Energie, die der Laser überträgt, verändern sich die optischen Eigenschaften der Gewebe. Die Forscher müssen also ermitteln, ob auch in diesem Fall die einzelnen Gewebearten noch für das optische System zu unterscheiden sind. Ist das geschehen, kann dieses System schon einmal arbeiten und eine Aussage darüber treffen, welches Gewebe der Laser als nächstes durchtrennen wird.

Das andere optische System soll die Plasma- und Partikelwolke untersuchen, die beim Laserabtrag entsteht. Das System liefert nur Bilder der Abtragswolke. Diese Bilder werden dann binnen Sekundenbruchteilen von einem Computer auf ihre optischen Bestandteile hin analysiert. Die Wissenschaftler wollen unterschiedlichste Gewebearten, zum Beispiel Muskel-, Nerven- und Fettgewebe, aber auch Knorpel und Knochen mit dem Laser abtragen. Alle Daten über die dabei entstehenden optischen Erscheinungen werden gesammelt, um diese Muster im PC zu speichern. So soll eine Art optische Bibliothek der Gewebe entstehen. Während der Operation kann der Computer dann die gespeicherten Informationen abrufen und analysieren, welches Gewebe als letztes durchtrennt wurde.

Die Zukunftsvision der Forscher ist es, ein Lasersystem zu entwickeln, das mit Hilfe des optischen Feedbacksystems – binnen der kurzen Pausen beim Lasern – alle Infos abrufen kann, um den Laservorgang präzise zu steuern: Dabei soll zum Beispiel der Unterkieferknochen mit dem Laser zu durchtrennt werden, ohne den Nerven, der in diesem Knochen verläuft, zu tangieren

Quelle: Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg, 25. März 2011.


Dr. Bettina Hellwig