Nahrungsergänzungsmittel

Konjugierte Linolsäuren regen Insulinausschüttung an

Bonn/Tübingen - 14.04.2011, 07:57 Uhr


Konjugierte Linolsäuren, vielgepriesene Schlankheitsmittel, stimulieren in der Bauchspeicheldrüse die Ausschüttung von Insulin. Das haben jetzt Forscher der Universität Bonn in Zusammenarbeit mit Tübinger Kollegen herausgefunden.

Viele Leute schlucken große Mengen dieser Substanzen, weil sie glauben, dass sie ihnen gut tun. Aber konjugierte Linolsäuren beeinflussen auch die Bauchspeicheldrüse. Was passiert, wenn jemand die Substanz über viele Jahre einnimmt, ist nicht abzusehen, denn solide Langzeitstudien am Menschen fehlen bisher. Es ist gut möglich, dass die Zellen dadurch auf Dauer Schaden nehmen. Eine denkbare Folge ist Diabetes mellitus.

Konjugierte Linolsäuren (CLA) sind bestimmte Arten von Fettsäuren, die natürlicherweise in der Milch und dem Fleisch von Wiederkäuern vorkommen. Konjugierte Linolsäuren werden als natürliche Substanzen angepriesen. Hochdosierte Kapseln dieser Verbindungen stehen als Nahrungsergänzungsmittel in den Regalen von Drogerien und Supermärkten und lassen sich im Internet bestellen. Sie werden quasi als Allheilmittel angepriesen: Sie sollen Fett verbrennen, Muskelmasse aufbauen, schön machen, gegen Entzündungen helfen, sogar Krebs vorbeugen. Die Werbung verspricht viel, doch bewiesen ist bisher keine dieser Wirkungen.

Einige klinische Studien haben hingegen bereits gezeigt, dass Menschen unter hohen CLA-Dosen entweder mehr oder weniger Insulin ausschütten und unter Umständen eine Insulinresistenz entwickeln. Konjugierte Linolsäuren greifen an einem bestimmten Rezeptor an − ist der Blutzuckerspiegel hoch, schütten die Zellen daraufhin innerhalb von Sekunden vermehrt Insulin aus. Das haben die Forscher an Mäuse- und an Menschenzellen gezeigt, und zwar mit CLA-Mengen, die auch im Blut vorliegen können, wenn derjenige konjugierte Linolsäuren in Kapselform zu sich nimmt. Milch und Fleisch hingegen sind in dieser Hinsicht unbedenklich, da sie keine so hohen Mengen enthalten.

Die Forscher wissen nicht, ob Menschen, die regelmäßig mehrere Gramm der Substanzen schlucken, dadurch irgendwann Diabetes entwickeln. Denkbar ist auch das Gegenteil: Vielleicht tut den Bauchspeicheldrüsenzellen die wiederholte Stimulation gut. Möglicherweise eignen sich CLA damit auch als Arzneimittel gegen Diabetes Typ II. Das alles müssen zukünftige Studien erst zeigen.

Bisher lässt sich nur sagen, dass diese Substanzen wie ein Arzneimittel wirken und damit nicht ungefährlich sind. Seriöse Langzeitstudien beim Menschen gibt es dazu bisher nicht. Das Forscherteam hat jetzt eine Langzeitstudie mit Mäusen initiiert. Sie soll Hinweise liefern, welche Langzeitwirkungen von CLA beim Menschen zu erwarten sind.

Literatur: Schmidt, J., et al.: J. Biol. Chem. 2011, Online-Vorabpublikation am 8. April doi:10.1074/jbc.C110.200477.


Dr. Bettina Hellwig