HIV

Wie das Virus die Proteine der Wirtszelle nutzt

München - 19.03.2011, 06:51 Uhr


Forscher aus München und Heidelberg haben festgestellt, dass das Enzym VPS4A bei der Freisetzung der HI-Virionen eine wichtige Rolle spielt.

Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) dringt in menschliche Immunzellen ein und lässt sie neue Virionen produzieren, die dann selbst neue Zellen befallen. Bei der Freisetzung der Virionen spielt das Enzym VPS4A eine aktive Rolle. Dieses Molekül war bisher nur als Akteur nach der Abschnürung der Viruspartikel aufgefallen. Dank hoch entwickelter Mikroskopietechnik konnten die Forscher nun aber nachweisen, dass mehrere Komplexe aus jeweils einem Dutzend VPS4A-Molekülen an der Stelle der Zellmembran aktiv werden, an der kurz darauf ein neu synthetisiertes Virion freigesetzt wird. Sie konnten so erstmals im Detail zeigen, wie zelluläre Proteine mit HIV in der Zelle interagieren, damit neue Viren entstehen.

Für seine Freisetzung aus den befallenen menschlichen Immunzellen benutzt HIV auch zelluläre Komponenten. Dabei spielt der ESCRT-Komplex in der Zelle eine wichtige Rolle bei der Beladung und Abschnürung zellulärer Transportvesikel. HIV nutzt ESCRT, um beim Austritt des Virions die Verbindung zwischen Virushülle und Zelloberfläche zu kappen. VPS4A ist Teil der ESCRT-Maschinerie und war bisher für seine Rolle beim Recycling des Komplexes bekannt: Das Enzym sorgt dafür, dass Komponenten des ESCRT-Komplexes nach dem Einsatz wieder freigesetzt und an anderer Stelle verwendet werden können.

Ohne VPS4A kommt es aber gar nicht erst zur Abschnürung, wie sich jetzt zeigte: Die Forscher markierten das Enzym mit dem grün fluoreszierenden Protein GFP. Dieser biologische Marker ist im Mikroskop sichtbar und verrät so auch den Aufenthaltsort des Moleküls, an den er gebunden ist. So zeigten kleine fluoreszierende Lichtblitze an, dass sich mehrere VPS4A-Enzyme zu einem größeren Komplex zusammenschlossen. Die Forscher konnten sogar zählen, wie viele Enzymmoleküle in einem bestimmten Zeitraum interagieren.

Komplexe aus etwa drei VPS4A-Dodecameren werden für etwa eine Minute an der Virusknospe aktiv, was sich als fluoreszentes Blitzlichtgewitter im Mikroskop verfolgen ließ. Wo die Enzymkomplexe versammelt waren, trat dann kurz darauf das Virion aus. Weil die Freisetzung nicht unmittelbar auf die enzymatische Aktivität folgt, vermuten die Forscher noch einen weiteren zwischengeschalteten Prozess.

Dieser lässt sich möglicherweise in Nachfolgeprojekten aufklären. Mit den neuen Methoden können die Forscher zudem den Effekt von Therapeutika in der Zelle beobachten, um sie möglicherweise zu verbessern oder um neue Wirkstoffe zu entwickeln.

Literatur: Baumgärtel, V., et al.: Nature Cell Biology 2011, Online-Publikation doi: 10.1038/ncb2215.


Dr. Bettina Hellwig