Erdbeben in Japan

"Ärzte ohne Grenzen" erkundet medizinische Lage

Berlin - 14.03.2011, 12:06 Uhr


Ein japanisches Team von "Ärzte ohne Grenzen", das die vom Erdbeben der Stärke 8,8 und den Tsunamis betroffenen Gebieten im Nordosten Japans erreicht hat, unterstützt weiterhin die umfangreichen Hilfsarbeiten der japanischen Regierung und erkundet die Situation der medizinischen Versorgung der betroffenen Bevölkerung.

„Am Sonntag haben wir mobile Kliniken und Evaluierungen in zwei Evakuierungszentren gestartet“, berichtete Mikiko Dotsu, Koordinator des "Ärzte ohne Grenzen"-Teams. „Die medizinischen Bedürfnisse steigen in den Evakuierungszentren.“ Gleichwohl sind der Deutschlandzentrale von "Ärzte ohne Grenzen" noch keine Notstände weder bei der Klinikversorgung noch bei der Arzneimittelversorgung bekannt geworden, sagte ein Sprecher zu DAZ.online.

Für die Überlebenden der Katastrophe bleibe die Situation schwierig, weite Teile der Provinz seien noch immer von der Wasserversorgung und Elektrizität abgeschnitten. Neben weiteren Evaluierungen werden sich die Teams auf die Behandlung der Bedürftigsten konzentrieren, vor allem der älteren Bevölkerung und kleiner Kinder  sowie auf Patienten, die unter chronischen Krankheiten wie Diabetes und Herzkrankheiten leiden.

Der Japanische TV-Sender NHK berichtet unterdessen von einer Klinik, in der 200 Patienten von der Wasserversorgung abgeschnitten sind. Es gebe nichts mehr zu essen. Klinikangestellte richten einen Appell an die Behörden und fordern die Außenwelt auf, die Versorgung sicherzustellen -notfalls über die inzwischen alarmierten Selbstverteidigungskräfte, wie die japanische Staatsarmee offiziell heißt.

Beatmungspflichtigen Patienten drohen nach NHK-Angaben inzwischen landesweit Versorgungsengpässe, da auch abseits von Tokio in immer mehr Ortschaften Stromausfälle zu verzeichnen sind. Die Regierung hat derweil laut NHK zugesichert, dass jeder, der in Kliniken oder bei niedergelassenen Ärzten vorstellig wird, auch eine Behandlung bekommt.

In Japan ist es normalerweise bei Krankenbehandlungen nötig, in Vorkasse zu treten. 30 Prozent Eigenanteil muss jeder Japaner obligatorisch leisten. Fernab jeder Bürokratie reiche es jetzt, wenn Patienten statt ihrer Versicherungsnummer Name und Adresse angäben, so die Botschaft der Regierung.

Im Internet finden sich inzwischen Informationen für Dialysepatienten: Welche Klinik hat landesweit noch welche Kapazitäten, wo sind noch alle Medikamente verfügbar? In der Präfektur Iwate arbeiten einige Kliniken mit Notstromaggregaten. Operationen sind nicht mehr möglich, die Mitarbeiter in der Verwaltung arbeiten im Mantel - in Iwate herrschen kalte Temperaturen vor.

Im Touhoku Kouseinenkin Hospital in Sendai, der Hauptstadt der Erdbebenprovinz Miyagi, haben zu den 400 hospitalisierten Patienten zusätzlich mehrere hundert Menschen aus der Nachbarschaft Zuflucht im Krankenhaus gesucht.


Lothar Klein