Asthma bronchiale

Bakterien und Pilze schützen vor Allergien

Ulm/München - 04.03.2011, 06:29 Uhr


Dass Bauernkinder seltener an Allergien und Asthma leiden als andere Kinder, ist schon länger bekannt. Jetzt zeigen neue Studienergebnisse, woran das liegen könnte: Verschiedene Mikroorganismen scheinen vor Asthma und Allergien zu schützen.

Im Rahmen der beiden großen europäischen Epidemiologiestudien GABRIEL (multidisciplinary study to identify the genetic and environmental causes of asthma in the european community) und PARSIFAL (prevention of allergy risk factors for sensitisation in children related to farming and anthroposophic lifestyle) verglichen Forscher Kinder, die auf einem Bauernhof lebten, mit anderen Kindern aus denselben ländlichen Regionen. In diesen Studien werden seit rund fünf Jahren Ursachen und den Verlauf von Asthma bronchiale im ländlichen Umfeld in Baden-Württemberg, Bayern, Österreich, der Schweiz und Polen untersucht.

10.000 Bauernkindern sowie Kindern aus der ländlichen Referenzgruppe wurden Blutproben entnommen, außerdem wurden die Kinder gemessen und gewogen. Die Eltern füllten Fragebögen aus, die Aufschluss über Aktivitäten, wie Kühe melken oder misten, gaben.  Mit diesen Daten konnten die Wissenschaftler zunächst bestätigen, dass ein bäuerliches Umfeld vor Asthma und Allergien schützt. Kontakte mit Rindern, Heu und Stroh scheinen diesen Effekt zu begünstigen. Allerdings müssen diese Einflüsse bereits während der Schwangerschaft der Bäuerin und in der frühkindlichen Phase bestehen.

Bei Hausbesuchen wurden auch Staubproben aus den Kinderzimmern genommen. Auf diese Weise wurde untersucht, ob bestimmte Bakterien und Pilze dazu beitragen, dass Bauernkinder weniger Allergien und Asthma entwickeln als ihre Klassenkameraden.

Die Wissenschaftler konnten zunächst nachweisen, dass Bauernkinder einer größeren Vielfalt von Mikroorganismen ausgesetzt sind. Dazu untersuchten sie den Staub aus den Kinderzimmern auf Pilze und bakterielle DNA. Demnach müssen sich Bauernkinder auch in Innenräumen mit viel mehr verschiedenen Umweltmikroben auseinandersetzen als andere Kinder. Die Umweltkeime schützten die Gesundheit: Je vielfältiger der Mikrozoo im Hausstaub war, desto geringer war das Asthmarisiko.

Auf welche Weise diese Keime das Risiko senken, ist aber noch unklar. Möglicherweise regt die Kombination bestimmter Umweltkeime das angeborene Immunsystem an, so dass eine Asthma begünstigende Immunlage verhindert wird. Die Auseinandersetzung mit vielfältigen Umweltmikroorganismen könnte aber auch die übermäßige Besiedelung der unteren Atemwege mit Asthma auslösenden Keimen verhindern - ähnlich wie im Darm, der für eine reibungslose Funktion auch eine ausgewogene Keimflora benötigt.

Die Forscher haben bereits einige Keime identifiziert, die für das geringere Asthmarisiko verantwortlich sein könnten. Wahrscheinlich ist es eine Kombination spezifischer Arten, die eine Schutzwirkung entfalten kann. Zu den Keimen, die besonders interessant sein könnten, gehören Staphylokokken, etwa die Art Staphylococcus sciuri, sowie Schimmelpilze der Gattung Eurotium. Möglicherweise eignen sich die Keime, um eine vorbeugende Impfung gegen Asthma zu entwickeln.

Literatur: Ege, M. J., et al.: N. Engl. J. Med. 2011;364:701-9


Dr. Bettina Hellwig