Großbritannien

Britische Regierung plant große Gesundheitsreform

London - 21.01.2011, 12:09 Uhr


Der britische Gesundheitsminister Andrew Lansley gab Einzelheiten einer geplanten Gesundheitsreform bekannt, die die medizinische Versorgung entscheidend verbessern und nicht zuletzt Kosten sparen soll. Um diese Ziele zu erreichen, will die Regierung insbesondere die Bürokratie abbauen und die Position der Hausärzte stärken.

Der staatliche Gesundheitsdienst (National Health Service, NHS) belastet den britischen Haushalt derzeit mit 104 Milliarden Pfund (ca. 122 Mrd. Euro) pro Jahr. Dies entspricht zwar, wie Premierminister Cameron sagte, dem europäischen Niveau, aber die gebotenen Leistungen liegen darunter. Als Beispiele nannte er die unterdurchschnittlichen Erfolge bei der Behandlung von Krebserkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem differiere die Lebenserwartung von Bewohnern armer bzw. reicher Bezirke immer noch so sehr wie im „viktorianischen Zeitalter“ (2. Hälfte 19. Jh.).

Kernstück der geplanten Reform ist der Abbau von Bürokratie: Die zehn „Strategic Health Authorities“, die in ihrer jeweiligen Region die Gesundheitsausgaben planen und kontrollieren, und die 151 „Primary Care Trusts“, die teils eigene Einrichtungen mit fest angestellten Ärzten, Pflegern usw. unterhalten, teils bei selbstständigen Leistungserbringer wie Krankenhäusern, Allgemeinärzten, Apothekern und Optikern die Gesundheitsleistungen einkaufen, sollen aufgelöst werden. Damit würden 24.000 Arbeitsplätze abgeschafft.

Auf der anderen Seite sollen die selbstständigen Leistungserbringer, insbesondere die Ärzte, und die Patienten mehr Rechte erhalten. Während jeder Patient jetzt einem bestimmten Hausarzt zugewiesen wird, darf er ihn sich in Zukunft selbst auswählen, und wenn er eine fachärztliche Behandlung benötigt, wählt er den Facharzt in Absprache mit seinem Hausarzt aus. Die Hausärzte schließen sich jeweils in Konsortien, einer Art kassenärztlichen Vereinigung, zusammen. Die Konsortien erhalten vom NHS bzw. Staat ein Budget und bezahlen davon ihre Mitglieder, wobei die Höhe der zugewiesenen Geldbeträge von den Behandlungserfolgen abhängig ist, und zwar sowohl bei den Konsortien als auch bei den einzelnen Hausärzten.

Die Kontrolle über das Gesundheitssystem soll in Zukunft den Stadtverwaltungen obliegen. Zudem werden Kommissionen namens „Health Watch“ eingerichtet, bei denen Patienten sich beschweren oder Rat holen können.

Mit diesen radikalen Reformen will die britische Regierung die Gesundheitsversorgung wesentlich verbessern; derzeit liegt Großbritannien in der Gesundheitsstatistik hinter vergleichbaren Industrieländern zurück, vor allem bei der Behandlung von Krebs, Asthma und Infektionskrankheiten sowie bei der Säuglings- und Kindersterblichkeit.


Dr. Wolfgang Caesar