Jugend in Japan

Wenig Interesse an Sex

Tokyo - 17.01.2011, 11:39 Uhr


Eine Umfrage in verschiedenen Bevölkerungsgruppen Japans ergab, dass das schon seit längerer Zeit relativ geringe Interesse an sexuellen Beziehungen weiter gesunken ist. Insbesondere bei männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat sich dieser Trend verstärkt. Dies ist einer der Gründe dafür, dass die Geburtenrate Japans eine der weltweit niedrigsten und das Durchschnittsalter eines der höchsten ist.

Die im Auftrag des japanischen Gesundheits- und Sozialministeriums durchgeführte und soeben publizierte Umfrage ergab, dass 35,1 Prozent der jungen Männer zwischen 16 und 19 Jahren nicht an Sex interessiert sind oder sogar Ekel davor empfinden. Das ist ein doppelt so hoher Anteil wie bei der letzten Befragung im Jahr 2008, als nur 17,5 Prozent ihr sexuelles Desinteresse bekundeten. Bei den gleichaltrigen Japanerinnen stieg die entsprechende Zahl von einem hohen Ausgangswert vor drei Jahren weiter an, aber in geringerem Maße als bei den Männern: von 46,9 Prozent auf jetzt 58,5 Prozent. Somit verkleinerte sich der Abstand der beiden Prozentzahlen erheblich.

Die an Sex wenig interessierten jungen Männer bezeichnet man im Japanischen als „Vegetarier“ (soshoku danshi oder soshoku otoko), auch wenn sie im eigentlichen Sinne keine Vegetarier sind. Diese Metapher beruht auf dem Vergleich von friedlichen pflanzenfressenden Tieren mit aggressiven Raubtieren. So hat der Grafiker Shoji Kobayashi einen „soshoku danshi“ als Kuh mit Handtasche gezeichnet, der der Anmache eines weiblichen Tigers zum Opfer fällt (siehe Bild). Der japanische Begriff entspricht etwa dem amerikanischen „metrosexual“ und bezeichnet Männer, die typisch weibliche Eigenschaften wie die Pflege der äußeren Erscheinung kultivieren, aber nicht homosexuell sind.

Auch bei der übrigen Bevölkerung Japans hat das Interesse an Sex nachgelassen, wie die Umfrage zeigte. So gaben 40,8 Prozent der befragten Ehepaare an, während des vergangenen Monats keinen Sex gehabt zu haben. Vor drei Jahren lag der Wert noch bei 36,5 Prozent und im Jahr 2004, als diese Umfrage erstmals durchgeführt wurde, bei 31,9 Prozent.

Die statistische Anzahl der Geburten je Frau liegt in Japan bei 1,37; damit ist sie genauso hoch wie in Deutschland. Zum Vergleich: In Frankreich beträgt sie 1,97 und in den USA 2,06.


Dr. Wolfgang Caesar