Regierung fürchtet BSG-Urteil

Wer zahlt für Hartz-IV-Versicherte?

Berlin - 25.11.2010, 15:24 Uhr


Die Pläne des Bundesarbeitsministeriums, hilfebedürftige Privatversicherte in die GKV abzuschieben oder ihren Versicherungsbeitrag zu kappen, sind auf Protest gestoßen und haben eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Die PKV lehnte diese Idee als „völlig inakzeptabel“ ab.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatte berichtet, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wolle privat krankenversicherte Hartz-IV-Empfänger zwingen, in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln. Das gehe aus einem Änderungsantrag ihres Hauses zu den laufenden Beratungen über die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze und Bildungsleistungen für Kinder hervor, die der Bundestag Ende nächster Woche verabschieden will.

Mit dieser Ergänzung könnte die Regierung einem Urteil des Bundessozialgerichtes über die Kostenübernahme der Privatversicherung für Langzeitarbeitslose zuvorkommen. Denn das Gericht will im Januar ein Urteil zu der Frage fällen, ob die Jobcenter künftig einen erheblich höheren Anteil an der PKV übernehmen müssen. Politiker befürchten, dass die gesetzlichen Kassen dann auch kostendeckende Beiträge für ihre Hartz-IV-Kunden von den Jobcentern verlangen. Diese Zusatzkosten könnten zwei Milliarden Euro betragen. Private Versicherte müssen im Basistarif den halben Höchstsatz der gesetzlichen Versicherung zahlen, derzeit 290 Euro. Die Jobcenter übernehmen allerdings (für privat wie gesetzlich Versicherte) nur 126 Euro.

Eine zwangsweise Überführung hilfebedürftiger Privatversicherter in die GKV komme für die PKV nicht infrage, reagiert der PKV-Verband. Die private Krankenversicherung bekenne sich ohne Wenn und Aber zum lebenslangen Schutz für ihre Versicherten. Zu jeder Versicherung gehört dabei eine dem jeweiligen Tarif entsprechende Beitragszahlung. Der Staat muss seine sozialpolitische Pflicht zur Sicherung des Existenzminimums erfüllen.

Die KKH-Allianz kritisiert die Überlegungen ebenso: „Diese Pläne wären ein billiger Taschenspielertrick“, sagt Ingo Kailuweit, Vorstandschef der viertgrößten bundesweiten Krankenkasse. „Die Zeche würden 70 Millionen gesetzlich Versicherte zahlen. Hier darf kein neuer Verschiebebahnhof zu Lasten der GKV entstehen“, so Kailuweit weiter.

Auch die Grünen lehnen diesen Plan ab. „Ihr Vorschlag, alle privat versicherten Hartz IV- Empfängerinnen und -empfängern zwangsweise in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern, ist unhaltbar“, kommentierten Biggi Bender, Sprecherin für Gesundheitspolitik, und Brigitte Pothmer, Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik. Damit würden die Kosten auf den Schultern der gesetzlich Versicherten abgeladen, während die privat Versicherten erneut von der Solidarität ausgenommen würden. Der Aufschrei der Gesundheitspolitiker der Koalition gegen die Begrenzung der PKV-Beiträge sei Ausdruck ihrer unerschütterlichen Lobbypolitik pro PKV: „Geht es nach ihnen, soll noch nicht einmal ein minimales Solidarelement  von den Privatversicherten getragen werden. Das lehnen wir ab.“


Lothar Klein