CDU-Parteitag

CDU: Knappes Nein zur PID

Karlsruhe - 16.11.2010, 14:33 Uhr


Mit der hauchdünnen Mehrheit von 408 zu 391 Stimmen hat der CDU-Parteitag sich für ein Verbot von Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen. 51,06 Prozent der Delegierten wollen am Verbot der PID festhalten.

Für diese Position hatten auf dem Kongress auch CDU-Chefin Angela Merkel, Generalsekretär Hermann Gröhe und Fraktionschef Volker Kauder geworben. Dagegen stellte sich - neben anderen - Familienministerin Kristina Schröder als auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. „Wenn ein sehnsüchtiger Kinderwunsch von solch einer erblichen Belastung überschattet wird, dann kann die PID das Ja zum Kind stärken. Deshalb bin ich für eine Zulassung der PID in engen Grenzen", sagte von der Leyen. Das Verfahren könne „Totgeburten und spätere Abtreibungen vermeiden helfen". Andere führende CDU-Politiker wie Bundestagspräsident Norbert Lammert hatten für eine Verschiebung plädiert.

Mit der Debatte über die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID) hatte die CDU ihren Parteitag in Karlsruhe fortgesetzt. Wie CDU-Chefin Angela Merkel sprach sich auch Generalsekretär Hermann Gröhe zum Auftakt für ein Verbot der genetischen Untersuchung von im Labor befruchteten Eizellen aus. "Es geht um die unantastbare Würde jedes Menschen. Wo es um ihren Schutz geht, sind wir gefordert", sagte er. Er sehe das Leid von Paaren, die um das hohe Risiko von Erbkrankheiten und eines behinderten Kindes wüssten. Dennoch seien im Falle einer Zulassung noch so enge Grenzen für die PID nicht zu halten. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich in ihrer Rede am Montag für ein Verbot der PID ausgesprochen: „Weil ich einfach Sorge habe, dass wir die Grenzen nicht richtig definieren."

Die knapp tausend Delegierten diskutieren vor allem über die Frage, ob die PID per Gesetz verboten oder in besonderen Fällen und in gewissem Umfang erlaubt werden soll.

Keine Auswirkung besitzt der CDU-Beschluss auf das Abstimmungsverhalten der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Sollte das Thema im Bundestag zur Abstimmung kommen, soll jeder Abgeordnete ohne Fraktionszwang nach seinem Gewissen entscheiden können. Darüber herrschte Einigkeit in Karlsruhe.

In ihrem Grundsatzprogramm hat die CDU ein Verbot vorgesehen. Im Juli hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Untersuchungen an Embryonen außerhalb des Mutterleibs kein Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz sind.

Vor diesem Hintergrund plädierten Christdemokraten wie der Wirtschaftsstaatssekretär Peter Hintze dafür, die PID zuzulassen. Die Diagnostik sei mit deutschem Recht vereinbar. Der frühere Theologe wies auf einen Gegensatz hin: Im Mutterleib sei die Untersuchung des Embryos stets erlaubt, ebenso der Schwangerschaftsabbruch, warum solle die PID verboten werden? „Der Bundesgerichtshof kann das nicht verstehen, ich kann das auch nicht verstehen", sagte Hintze.

In der Debatte warnten viele PID-Gegner vor der Gefahr, dass Eltern unter Druck geraten könnten, wenn sie ein behindertes oder erbkrankes Kind aufziehen. Eltern müssten sich erklären, warum ihr Kind nicht perfekt ist, sagte Verbraucherschutzstaatsekretärin Julia Klöckner, die sich klar für ein Verbot aussprach. „Wenn eine Tür aufgeht, die nicht mehr geschlossen werden kann, wird auch der Druck wachsen."

Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin ging auch auf Hintzes Argument ein, dass Embryonen innerhalb des Mutterleibes untersucht und auch bis kurz vor der Geburt abgetrieben werden dürfen. Die Spätabtreibung sei jedoch zugelassen worden, um das Leben von Müttern zu schützen, sagte sie.

Direkt an Hintze gerichtet, sagte sie: Es gehe nicht um ein Erkenntnisverbot, sondern darum, was mit der Erkenntnis geschehe. Sie führe zu einer Selektion, warnte sie. „Das Ja zu einem Kind bei PID ist ein Nein zu einem anderen Kind. Das möchte ich nicht."

Katherina Reiche, Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, sprach sich in einer von Emotionen geprägten Rede für die Möglichkeit der PID aus. Als dreifache Mutter könne sie sich nichts Schlimmeres vorstellen, als den Tod von Kindern, sagte sie. Dennoch würden Frauen bei einem Verbot der PID gezwungen, vorhersehbare Totgeburten zu erleiden. Das bedeute Depressionen, Leid, Tränen. „Ich weiß nicht, ob das christlich ist – für mich ist es unbarmherzig", sagte sie. Für sie sei PID ein Weg, Ja zum Leben zu sagen.


Lothar Klein