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Apobank-Experte Heßbrügge: Apotheken immer stärker unter Druck

Berlin - 10.11.2010, 12:30 Uhr


Viele Apotheken werden dem ökonomischen Druck des AMNOG nicht standhalten können und müssen in absehbarer Zeit ihre Türen schließen. Auch wenn kein großflächiges Apothekensterben

„Wir rechnen damit, dass die Apotheken durch das AMNOG im Durchschnitt mit 9.000 Euro belastet werden“, so Heßbrügge weiter. Dazu werde man noch sehen müssen, wie die Neuordnung der Großhandelsmarge sich zusätzlich auswirke. Die konkrete Belastung auf die einzelne Apotheke hänge sehr stark von verschiedenen Faktoren ab: Neben der Verhandlungsposition mit dem Großhandel beispielsweise vom Anteil der rezeptpflichtigen und der hochpreisigen Medikamente.

Schon heute erzielten 25 Prozent der Apotheken unzureichende Betriebsergebnisse, „so dass man sich die Frage stellen muss, ob diese Apotheken aus betriebswirtschaftlicher Sicht noch sinnvoll betrieben werden können.“ Der Apobank-Experte: „Durch das AMNOG wird sich der ökonomische Druck noch einmal deutlich erhöhen. Das wird dazu führen, dass Apotheken, die das nicht mehr tragen können, geschlossen werden müssen.“

Daraus ein flächendeckendes Apothekensterben abzuleiten, halte er aber „für spekulativ“. Es werde sicherlich eine vermehrte Anzahl von Apotheken geben, die geschlossen werden müssten. Heßbrügge: „Es wird eine Beschleunigung des Trends der Apothekenschließungen der letzten zwei Jahre geben. Aber von einem großflächigen Apothekensterben würde ich nicht sprechen.“

Kaum Möglichkeiten sieht der Apobank-Experte für die Apotheken, die AMNOG-Belastungen aufzufangen: „Aus der Kostenbelastung der Apotheken wird im wesentlichen nichts mehr aufzufangen sein, weil die Apotheken inzwischen alle so aufgestellt sind, dass sie bei den Personalkosten zum Beispiel keine Einsparungen mehr leisten können.“ Zulegen könnten Apotheker nur noch im OTC-Bereich.

Heßbrügge bedauerte, dass die Politik das versprochene Pick-up-Verbot doch nicht umsetze. Das sei „wünschenswert“ gewesen, um die Stellung des Apothekers mit seiner Beratungsleistung im Arzneimittelmarkt deutlich hervorzuheben. Einen Boom von Pick-up-Stellen erwartet Heßbrügge dennoch nicht. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass Drogeriemärkte und andere Handelsketten versuchten, mit Pick-up-Stellen in den Apothekenmarkt einzudringen. Man sehe allerdings, dass die Patienten dies nur in einem geringen Maße in Anspruch nähmen.

Die in jüngster Zeit stattgefundenen Anteilsveränderungen im Arzneimittelgroßhandel bewertet Heßbrügge als Versuch, „den Fuß weiter in die Tür des deutschen Marktes hin zum Einzelhandel zu bekommen.“ Damit bereite sich der Großhandel perspektivisch auf die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes vor – auch wenn dies in der Politik jetzt aktuell nicht anstehe.

Um sich im immer stärker umkämpften Arzneimittelmarkt zu behaupten, rät Heßbrügge den Apotheken, sich auf ihre Kernkompetenz Beratung zu konzentrieren. Zudem dürften sich Apotheken dem Trend zur lokalen Konzentration von Medizinangeboten nicht verschließen. Daher sei die Lage von Apotheken in der Nähe medizinischer Versorgungszentren künftig ein immer bedeutsamer Wettbewerbsfaktor.

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Lothar Klein