Verletzungen des Rückenmarks

Calciumantagonisten schützen Nervenzellen

Göttingen - 23.10.2010, 07:00 Uhr


Göttinger Wissenschaftler können den molekularen Auslöser der Nervenzellschädigung nach Verletzungen des Rückenmarks mit Calciumkanalblockern verhindern.

Verletzungen des Nervensystems, beispielsweise des Rückenmarks, führen in vielen Fällen zu einem schweren Funktionsverlust. Oft sind Nervenzellfortsätze, die Axone, so stark geschädigt, dass die Erregungsleitung im Rückenmark nicht mehr funktioniert.

In den ersten fünf Stunden nach einer Verwundung des Rückenmarks werden auch viele an die Verletzungsstelle angrenzende Nervenfasern zerstört. Dafür wird ein rascher Anstieg der Calcium-Konzentration innerhalb der Nervenfasern des verletzten Bereichs verantwortlich gemacht. Diese Axone sind später aber unabdingbar für die Wiederherstellung der verletzungsbedingten Funktionsverluste.

Die Göttinger Forscher haben den Sehnerv von Ratten als Modellsystem verwendet, um die verletzungsbedingten Calciumionen-Einströme in die Zelle genauer zu studieren. Sie konnten zeigen, dass in Folge des Calciumionen-Einstroms Signale ausgesandt werden, die dazu führen, dass sich die Axone selbst verdauen (sog. Autophagie). Der Prozess führt schließlich zum Absterben der Nervenzellfortsätze.

Die Wissenschaftler konnten diese Abbauprozesse über eine Modulation des Calcium-Spiegels stoppen. Dazu verwendeten sie Calciumkanalblocker, die den Einstrom von Calciumionen in die Nervenfasern verhinderten und so deren frühe Zerstörung unmittelbar nach der Verletzung bremsten. Entscheidend ist, dass diese potenzielle Therapiemethode rasch nach der Verletzung ansetzt. Nur so gelingt es, viele Nervenfortsätze zu retten und beispielsweise Patienten mit einer Rückenmarksverletzung zu helfen.

Quelle: Knöferle J, et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 2010; 107(13): 6064-6069



Dr. Bettina Hellwig