Krebszellen

Schlüsselenzym für Diagnostik und Therapie

10.10.2010, 07:31 Uhr


Das Enzym „M2-PK“, eine Pyruvatkinase, ist typisch für Krebszellen und kann als Schlüsselenzym für Diagnostik und Therapie dienen.

Eine veränderte Energiegewinnung im menschlichen Stoffwechsel ist charakteristisch für Krebszellen. Diese gewinnen ihre Energie nicht aus dem Abbau von Zucker zu Kohlendioxid und Wasser, sondern aus energiereichen Zwischenstufen des Zuckerabbaus. Tumorzellen exprimieren eine für sie charakteristische Isoform des glykolytischen Schlüsselenzyms Pyruvatkinase, die „M2-PK“. Diese Bezeichnung ist das Synonym für die dimere und die tetramere Form des Pyruvatkinase-Isoenzyms vom Typ M2 (auch PKM2). In Tumorzellen überwiegt die dimere Form der M2-PK.

Der Gehalt an M2-PK steigt im Blut von Patienten mit Nierentumoren, Lungentumoren, Brusttumoren, Zervikaltumoren, Tumoren des Gastrointestinaltraktes (Oesophagus, Magen, Pankreas, Kolon und Rektum) sowie bei Melanomen signifikant an und korreliert mit dem Schweregrad der Erkrankung.

Der Nachweis der M2-PK kann in Stuhlproben zum Screening auf Darmkrebs und im Blut zur Therapie- und Verlaufskontrolle verschiedener Tumorerkrankungen eingesetzt werden. Hierzu stehen bereits jetzt schon effektive und einfache Tests zur Verfügung. Mit dem Biomarker „M2-PK“ im Stuhl ist es ohne den Nachweis von Blut möglich, sowohl sehr sensitiv Darmpolypen als auch Darmtumoren zu erkennen. Der Nachweis ist unempfindlich gegenüber Nahrungsmitteln, eine spezielle Diät ist nicht erforderlich. Es gibt keine falsch positiven Ergebnisse durch Hämorrhoiden oder andere Blutungen im Darm. Nachgewiesen werden damit sowohl blutende als auch nicht blutende Darmpolypen oder Tumoren.

Klinische Studien aus Deutschland, England und Irland, in denen der Nachweis der M2-PK im Stuhl als Stoffwechselmarker zur Früherkennung von Darmkrebs getestet wurde, ergaben für die M2-PK Erkennungsraten zwischen 78% und 97%. Dies bedeutet, dass von 100 an Darmkrebs erkrankten Personen in den verschiedenen Studien zwischen 78% und 97% durch den M2-PK Stuhltest erkannt wurden. Für Polypen über 1 cm lag die Erkennungsrate bei 60%; für Polypen unter 1 cm bei 25%. Für alle Polypen ergab sich eine Sensitivität von 40%.

Ein weiteres wichtiges Anwendungsgebiet der M2-PK-Messung im Blut sind Verlaufskontrollen unter der Therapie, die es ermöglichen, den Erfolg oder Misserfolg einer Therapie frühzeitig zu erfassen und Prognosen über die Heilungschancen zu stellen. Derzeit werden außerdem Wirkstoffe gegen das Target „M2-PK“ entwickelt, die den Krebsstoffwechsel sequentiell blockieren. Mit diesen neuartigen Substanzen konnten in der Präklinik bereits Erfolge in der Blockierung von Krebszellen erzielt werden.

Quelle: Vander Heiden, M. G., et al.: Science 2010;329(5998):1492-9; Online-Veröffentlichung, DOI: 10.1126/science.1188015.


Dr. Bettina Hellwig


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