Versandapotheken

Bonuszahlung auf Rezepteinlösung

Stuttgart - 24.09.2010, 14:59 Uhr


Versandapotheken wollen es jetzt wissen: Mycare gewährt 1,50 Euro Bonus pro verordnetem Arzneimittel, Mönters Versandapotheke Aliva tritt mit einem Bonus von 3 Euro an. Verrechnet

Nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hat (die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor), dass die Gewährung von Boni bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung darstellt, andererseits aber Werbegaben im Wert von etwa einem Euro noch als wettbewerbsrechtlich zulässig angesehen werden, fünf Euro dagegen zu viel seien, wollen es die beiden Versandapotheken Aliva und Mycare nun genau wissen. Ob es nun tatsächlich 1,50 Euro pro Arzneimittel sein dürfen oder 3 Euro pro Rezept – das müssten im Streitfall erneut die Gerichte entscheiden.

Apotheker Johannes Mönter, Inhaber der Sanicare- und Aliva-Versandapotheke, befürwortet diese Markt- und Wettbewerbsöffnung ausdrücklich: „Es war lange überfällig, diese Kostenersparnis für Patienten zu ermöglichen. Schließlich sind diese Rabatte niederländischen Apotheken erlaubt. Weshalb sollte es dann uns Inländern verboten sein? Dass dieser Wettbewerbsnachteil deutscher Anbieter aufgehoben wurde, kann ich nur gutheißen.“

Der Betreiber der Versandapotheke Mycare, Christian Buse, der zugleich Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken ist (BVDVA), wirbt indes auf der Internetseite seiner Versandapotheke mit dem Slogan: „Rezepte sind Vertrauenssache und jetzt einen Bonus wert.“ Weiter heißt es dort: „Bei Kassenrezepten wird dieser Betrag direkt mit Ihrer Zuzahlung oder mit dem Kaufpreis von bestellten rezeptfreien Produkten (außer Bücher) verrechnet, oder Ihrem Kundenkonto für Bestellungen rezeptfreier Produkte (außer Bücher) gutgeschrieben. Eine Barauszahlung erfolgt nicht. Bei Privatrezepten wird der Kundenbonus in Höhe von 1,50 Euro Ihrem Kundenkonto für Bestellungen gutgeschrieben und bei der Bestellung nicht verordneter Produkte (außer Bücher) verrechnet. Eine Barauszahlung erfolgt nicht.“

Meine Meinung: In Zeiten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) und der geplanten Kürzung der Großhandelsrabatte senden die Versandapotheken falsche Signale nach außen. Wie sollen es Politiker und die Öffentlichkeit verstehen, wenn die ABDA einerseits eine Kampagne fährt, die auf die Bedrohung der Apotheken durch die Belastung mit geplanten Einsparungen hinweist, andererseits Versandapotheken munter eben mal 1,50 Euro pro Arzneimittel an Bonus gewähren können? Der Gedanke, dass Kassen auf die Idee kommen könnten, diese 1,50 über den Kassenabschlag abschöpfen zu wollen, liegt da nicht fern. Solche Versandapotheken sind die Hauptdarsteller im Film: „Wie man erfolgreich den Markt zerstört.“


Peter Ditzel


Das könnte Sie auch interessieren

Nach dem EuGH-Urteil

Apotheken-Shopping auf Rezept?

Kammerpräsident Saar zum „Geld verdienen auf Rezept“

EuGH-Urteil animiert Patienten zum Ärzte-Hopping

Bundesgerichtshof legt Urteilsgründe im Fall „Sofort-Boni“ der Europa Apotheek vor

Privatversicherte dürfen Boni für sich behalten

Wenn das Rx-Versandverbot nicht kommt: Kassen und DocMorris schielen auf Verträge

Auch Kassen wollen profitieren

Bezeichnung „Rezept-Apotheke“ ist irreführend

OLG billigt „Sofort-Bonus“