Arzneiverordnungs-Report 2010

Der Traum von schwedischen Generika-Preisen

Berlin - 14.09.2010, 13:26 Uhr


Auch in diesem Jahr haben die Autoren des Arzneiverordnungs-Reports erkleckliche Einsparpotenziale für den GKV-Arzneimittelmarkt errechnet: 4,1 Mrd. Euro könnten gespart werden, wenn konsequent preiswerte Generika verordnet und auf teure patentgeschützte Analoga sowie umstrittene Arzneien verzichtet würde. Würden zudem bei Generika schwedische Preise angesetzt, könnten die Kassen sogar 9,4 Mrd. Euro sparen.

Eine Botschaft wurde bei der Vorstellung des AVR 2010 am 14. September in Berlin deutlich: „Es sind nicht die Ärzte, die zu teuer verordnen, nicht die Apotheker, die nur teure Arzneimittel verkaufen wollen und nicht die Patienten, die nur die teuersten Arzneimittel haben wollen“, sagte Schwabe. „Es ist die Pharmaindustrie, die so hohe Preise verlangt“. Für Schwabe ist es völlig unverständlich, warum in Deutschland so viel für Arzneimittel gezahlt werden muss. In diesem Jahr machte er am Exempel Schweden deutlich, dass die Preislandschaft auch anders aussehen kann: Die 50 führenden Patentarzneimittel seien in Deutschland im Schnitt um 48 Prozent teurer als dort. Noch eklatanter sind die Preisunterschiede im generischen Bereich: Die 50 Top-Generika kosten in Deutschland durchschnittlich 98 Prozent mehr als in Schweden. Omep von Sandoz war bis vor Kurzem ein besonderer Ausreißer: Kosteten 100 Kapseln in Schweden 9,36 Euro (Apothekenverkaufspreis), waren es hierzulande 60,46 Euro. Seit 1. September – als die jüngsten Festbetragsbeschlüsse in Kraft traten – liegt der deutsche Preis für das Präparat bei 43,29 Euro.

Aber auch wenn man Schweden nicht bemüht, sehen die AVR-Autoren noch viel Luft bei den Arzneimittelausgaben – vor allem bei patentgeschützten. Schwabe verwies darauf, dass die Umsätze dieser Arzneimittel seit 1993 von 1,6 Mrd. Euro auf 13,2 Mrd. Euro gestiegen seien. Sie erklärten damit fast den gesamten Anstieg der Arzneimittelkosten in diesem Zeitraum. Im vergangenen Jahr war das Plus vor allem auf einige wenige, aber kostenintensive Arzneimittelgruppen konzentriert: Dazu zählen Angiotensinhemmstoffe (+167 Mio. Euro). Antidiabetika (+102 Mio. Euro), Schmerzmittel (+120 Mio. Euro), Neuroleptika (+153 Mio. Euro), Asthmamittel (+141 Mio. Euro), HIV-Therapeutika (+105 Mio. Euro), Immuntherapeutika (+490 Mio. Euro) und Tumortherapeutika (+177 Mio. Euro). „Sie erklären bereits 80 Prozent des Kostenanstiegs im GKV-Fertigarzneimittelmarkt“, so Schwabe. Sein Mitherausgeber, Dieter Paffrath, betonte, dass sich das Generikasegment dagegen positiv entwickle. Dazu trügen insbesondere Festbeträge und Zuzahlungsbefreiungen bei – und nicht zuletzt auch die Rabattverträge. Für das Jahr 2009 hätten die gesetzlichen Kassen Erlöse von knapp 850 Mio. Euro aus Rabattverträgen verbucht, so Paffrath – der als Vorstandsvorsitzender der AOK Schleswig-Holstein naturgemäß ein Freund dieser Verträge sein muss.


Kirsten Sucker-Sket